- Politik
- Terminservicegesetz
Ärzte protestieren gegen Spahns Gesetzespläne
Praxen sollen 25 Stunden Sprechzeiten anbieten / Medizinier wehren sich gegen Eingriff des Staates
Essen. Niedergelassene Ärzte haben am Mittwoch bundesweit gegen das geplante Termingesetz von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) protestiert. Tausende Arztpraxen blieben für mehrere Stunden geschlossen, wie der Bundesvorsitzende der »Freien Ärzteschaft«, Wieland Dietrich, mitteilte. Die Ärzte hätten sich im Laufe des Tages etwa in Düsseldorf, Hamburg, Hannover und München zu Kundgebungen versammelt. Spahns neues Gesetz soll gesetzlich versicherten Patienten helfen, schneller einen Arzttermin zu bekommen. Die Ärzte sehen darin aber einen unzulässigen Eingriff in ihre Berufsausübung.
Ein Bündnis verschiedener Ärzteverbände hatte zu dem bundesweiten Protesttag gegen das geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz aufgerufen. Hauptkritikpunkt sei ein »hoher bürokratischer Eingriff des Staates in die Arztpraxen hinein«, sagte Dietrich dem Evangelischen Pressedienst (epd). Außerdem seien Spahns Pläne zur Terminvergabe weder praktikabel noch brächten sie eine Verbesserung der medizinischen Versorgung, erklärte der Essener Hautarzt.
Spahn will Ärzte künftig zu mindestens 25 statt bisher 20 Stunden Sprechzeit pro Woche verpflichten. Bestimmte Mediziner wie Orthopäden, Haus-, Kinder- und Frauenärzten sollen mindestens fünf Stunden als offene Sprechstunde ohne feste Terminvergabe anbieten.
Eine Terminservicestelle soll über eine bundesweit einheitliche Notdienstnummer sowie über das Internet ständig erreichbar sein. Für die Betreuung von Patienten, die von der Terminservicestelle vermittelt werden, soll es Honorarzuschläge geben. Außerdem sollen Ärzte Zuschläge erhalten für neue Patienten, für Leistungen, die in den offenen Sprechstundenzeiten erbracht werden und für Leistungen nach einer Terminvermittlung durch einen Hausarzt.
Bei einer Dialogveranstaltung mit der Ärzteschaft hatte Spahn in der vergangenen Woche Verständnis für den Ärger geäußert. Er wolle nun »zusammen mit der Ärzteschaft schauen, ob wir zu besseren Regelungen kommen können als bisher im Gesetzentwurf vorgesehen«, kündigte der Minister an. Am Ziel des Gesetzes halte er jedoch fest. »Ich möchte, dass wir verbindlich zu schnelleren Terminvergaben kommen«, sagte Spahn. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr in Kraft treten.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung erklärte, die Mindestsprechstundenzahl per Gesetz auf 25 Wochenstunden zu erhöhen, sei richtig und notwendig. »Eine aktuelle Umfrage im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes zeigt, dass es einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an Ärzten gibt, die weniger Sprechzeiten anbieten«, sagte eine Sprecherin in Berlin. Insgesamt biete jede vierte der befragten Arztpraxen weniger als 25 Sprechstunden inklusive Hausbesuche pro Woche an. In Deutschland sind 170.000 Ärzte und Psychotherapeuten niedergelassen. epd/nd
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.