Wer viel zahlt, gewinnt

Die Fußballklubs mit den höchsten Gehältern sind auch die erfolgreichsten

  • Frank Hellmann
  • Lesedauer: 4 Min.

Irgendwie dumm, dass dieses Ranking für die Champions League nicht zählt. Kein Verein erzielt aus jeder verkauften Eintrittskarte einen so hohen Erlös wie Paris St. Germain. Nämlich 86,90 Euro. Das geht aus dem sogenannten Benchmark-Report von Europas Fußballverband UEFA hervor, der alle relevanten Finanzströme im Klubfußball im Kalenderjahr 2017 detailliert auflistet. Nicht mal die englischen Spitzenklubs greifen ihrer Kundschaft so tief in die Tasche. Der mit katarischer Hilfe groß gezüchtete Verein aus Frankreichs Hauptstadt würde allerdings lieber sportlich mal ganz oben stehen.

Das will Manchester United am Dienstagabend gegen Paris im Achtelfinale jedoch verhindern. Das Hinspiel im altehrwürdigen Old Trafford belegt, wie die latente Sehnsucht nach dem Henkelpott zum Gigantismus verleitet hat. In der Königsklasse kann nur reüssieren, wer abstruse Gehaltsvolumina stemmt. Krösus in dieser Kategorie ist passenderweise der Titelverteidiger Real Madrid: Sage und schreibe 406 Millionen Euro, immerhin 60 Prozent vom Gesamtumsatz, flossen hier bereits vor zwei Jahren an Spieler, Trainer und Angestellte.

Beim FC Barcelona (378 Millionen), Manchester City (334) und Manchester United (306) wurde jedoch auch fürstlich verdient. Dahinter folgte auf Platz fünf der FC Bayern München mit einem Gehaltsblock von 278 Millionen Euro, wobei dieser Posten am Gesamtumsatz weniger als die Hälfte fraß (47 Prozent). Borussia Dortmund (178) reihte sich hinter den Schwergewichten auf Platz elf ein. Achtelfinalgegner Tottenham Hotspurs (148) folgte auf Rang 14.

Auffällig: Zwölf der 16 aktuellen Achtelfinalisten werden unter den 15 Klubs mit den höchsten Gehaltszahlungen gelistet. Allein neun Klubs der englischen Premier League befinden sich unter den Top 20. Fast drei Milliarden Euro leisteten sich die Engländer an Lohnzahlungen. Pro Klub fast 150 Millionen. Das erklärt, warum die Insel die besten Kicker anzieht wie die Motten das Licht. Eine unabhängige Studie besagt, dass das durchschnittliche Spielergehalt aktuell auf umgerechnet 3,4 Millionen Euro gewachsen ist, in der Bundesliga soll es sich bei 1,6 Millionen bewegen. Die Deutsche Fußball Liga gibt ihren Wirtschaftsreport zur Saison 2017/2018 am Mittwoch heraus.

Aus deutscher Sicht verwundert, dass der VfL Wolfsburg in diesem elitären Zirkel geführt wird. Der Werksklub wies vor zwei Jahren in der Bundesliga nach München und Dortmund das dritthöchste Personalkostenbudget aus: stolze 139 Millionen Euro. Doch im untersuchten Berichtszeitraum rettete sich die VW-Tochter zweimal erst in der Relegation. Krasser kann ein Missverhältnis zwischen Aufwand und Ertrag kaum sein. 70 Prozent des Etats pumpte der Klub in die Gehälter der Angestellten. Ähnlich fragwürdig sind sonst nur spanische und italienische Konstrukte. Atletico Madrid und Inter Mailand leiten zwei von drei eingenommenen Euro in Gehälter um. Beim AS Rom, der sich im K.o.-Duell mit dem FC Porto misst, gehen sogar 83 Prozent dafür drauf.

Insgesamt aber soll mehr wirtschaftliche Vernunft eingekehrt sein. »Die Gesundheit des europäischen Klubfußballs ist hervorzuheben: Die 700 Klubs der ersten Ligen erzielten zusammengenommen erstmals Gewinn«, stellte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin in seinem Vorwort zum 118-seitigen Bericht fest. Einerseits steht darin, dass ein Plus nach Steuern aller Klubs von 615 Millionen zustande gekommen sei. Andererseits wird belegt, wie weit die Schere inzwischen auseinandergeht. Die UEFA mag zwar über das Instrument des Financial Fairplay mehr Kontrolle haben, aber das Ungleichgewicht wird damit nicht verhindert. Im Gegenteil.

In den Niederlanden, Portugal, Belgien, Schweiz oder Österreich wenden Vereine im Schnitt weniger als 20 Millionen Euro für Gehälter auf. Europas Vereinsfußball ist von Gräben durchschnitten, die wohl nicht mehr zu überwinden sind. Sobald einen Profi der Lockruf aus den Top-Five-Ligen erreicht, wechselt er. Hinzu kommt, dass die 20 Vereine mit den höchsten Zuschauereinnahmen - darunter mit Bayern, Dortmund, dem Hamburger SV, Schalke 04 und Eintracht Frankfurt gleich fünf Bundesligisten die Hälfte aller Erlöse aus diesem Sektor absorbieren. Der FC Barcelona hat 2017 mit jedem seiner 30 Heimspiele 4,8 Millionen Euro eingenommen. Bei Frankfurt waren es im Vergleich 1,9 Millionen pro Partie.

Eine Gefahr sind mittlerweile auch die gewaltigen Unterschiede innerhalb der Ligen. Die vier wirtschaftsstärksten Vereine in Deutschland zahlen rund dreimal so viel Gehalt wie die Mittelklasse ab Platz neun, in Spanien liegt das Verhältnis sogar bei 9:1. Logische Folge: Es qualifizieren sich immer häufiger dieselben Vereine für die europäischen Wettbewerbe. Benfica und Sporting Lissabon in Portugal, Celtic Glasgow aus Schottland, Olympiakos Piräus aus Griechenland oder Schachtjor Donezk aus der Ukraine - Frankfurts Gegner in der Europa League.

Georg Pangl, der über die »European Leagues« die mittleren und kleinen Länder vertritt, kritisierte schon häufiger, dass Europas Fußball in Schieflage geraten sei. »Man sieht jedes Jahr dieselben Klubs, es gibt keine echten Überraschungen mehr.« Die 15 Big Player hätten von den UEFA-Ausschüttungen in den vergangenen Jahren mehr als dreimal so viel wie der gesamte Rest verdient. Durch den seit dieser Saison geltenden Verteilungsschlüssel - zustande gekommen nach der Drohkulisse einer möglichen Abspaltung der reichsten Klubs - sind die Kräfteverhältnisse für die Zukunft zementiert. Daher muss auch gar keine Super League mehr kommen: Die K.o.-Runde der Champions League ist bereits ihr Abbild.

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