Neues FSME-Risikogebiet im Norden
Die durch Zecken übertragene Hirnentzündung trat nun auch im Emsland auf, aber ebenso in neuen Regionen in Sachsen und Bayern
In Deutschland sind 2018 überdurchschnittlich viele Menschen an der von Zecken übertragenen Hirnentzündung FSME erkrankt. Das Kürzel steht für Frühsommer-Meningoenzephalitis. Außerdem gab es bei den Risikogebieten einen Sprung nach Norden. Mit 583 gemeldeten Fällen wurde der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 2006 (546) überschritten. Das geht aus einem Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin hervor.
Demnach gibt es nun erstmals ein FSME-Risikogebiet in Norddeutschland: Im niedersächsischen Landkreis Emsland waren vermehrt Menschen erkrankt. Die vier weiteren neuen Risikogebiete in Sachsen (Landkreis Sächsische Schweiz - Osterzgebirge) und Bayern (Garmisch-Patenkirchen, Landsberg am Lech, Stadtkreis Kaufbeuren) grenzen an bestehende Risikogebiete. Weiterhin besteht ein Risiko laut RKI wie in den Vorjahren vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen und in Teilen Sachsens. »Es muss sorgfältig beobachtet werden, ob FSME-Naturherde sich nachhaltig in nördlichen und westlichen Regionen Deutschlands etablieren oder weiter ausbreiten«, schreiben die Experten.
Die Werte von 2018 lagen 20 Prozent über denen des Vorjahres. Eine RKI-Sprecherin sagte, Schwankungen der Fallzahlen seien bei FSME üblich. Vermutlich habe der gute Sommer 2018 günstige Bedingungen für die Übertragung von FSME-Viren geschaffen. Im Bericht heißt es, auch in anderen Jahren mit hohen Fallzahlen habe wahrscheinlich das Zusammenspiel ökologisch-klimatischer Faktoren das Geschehen begünstigt: Zecken und Viren seien vermutlich verbreiteter gewesen, zudem führe schönes Wetter mehr Menschen in die Natur.
Menschen, die in Risikogebieten Kontakt zu Zecken haben könnten, wird eine Schutzimpfung empfohlen. Die FSME-Impfquoten dort seien »nach wie vor unzureichend, um eine starke Zunahme der FSME-Fallzahlen« zu verhindern, heißt es im Bericht. Ein Großteil der Erkrankungen wird als vermeidbar eingestuft. 98 Prozent der 2018 erfassten FSME-Patienten waren nicht oder unzureichend geimpft.
Das Risiko, an FSME zu erkranken, steigt laut RKI ab 40 Jahren deutlich an, Männer seien gefährdeter als Frauen. Die Zeit von Mai bis Oktober gilt als Hochphase. Die Krankheit beginnt mit grippeähnlichen Beschwerden. Bei einer Minderheit der Betroffenen kann es nach kurzer Zeit ohne Symptome zu einer zweiten Phase mit Hirnhaut-, Gehirn- oder Rückenmarksentzündung kommen. Bei sehr schweren Verläufen sind Ausfälle mit leichten Lähmungen, Anfallsleiden oder lange andauernden Kopfschmerzen möglich.
Zecken können neben FSME-Viren weitere Erreger übertragen, etwa die von Bakterien verursachte Lyme-Borreliose. Nach einem Zeckenstich bildet sich dann oft ein charakteristischer roter Ring auf der Haut. Weitere Symptome können Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Fieber sein. Es gibt Antibiotika gegen die Krankheit. Unbehandelt sind jedoch verschiedene Spätfolgen möglich. Typische Risikogebiete und einen Impfschutz gibt es nicht.
Das RKI empfiehlt, Zecken immer umgehend zu entfernen und die Wunde zu desinfizieren. Helle, geschlossene Kleidung könne helfen, Zeckenstichen vorzubeugen, ebenso das Meiden von Unterholz und hohem Gras.
Da Zecken nicht sofort zustechen, sondern zunächst auf dem Körper oder der Kleidung umherlaufen, können sie durch Absuchen bereits vor dem Stich entfernt werden. Nach einem Einstich dauert es bis zu zwei Tagen, bis Borrelien übertragen werden. Die Übertragung von FSME-Viren erfolgt schon innerhalb kurzer Zeit nach dem Stich. Das rechtzeitige Entfernen von Zecken vermindert also vor allem das Risiko einer Infektion mit Borrelien erheblich. dpa/nd
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