So klappt der Mietendeckel

Canan Bayram und Katrin Schmidberger zu einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes

  • Canan Bayram und Katrin Schmidberger
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr als zwei Drittel der Berliner*innen sehen den Vorschlag positiv, die »Wohnungsmieten in Regionen mit starkem Mietanstieg für fünf Jahre einzufrieren« - so der aktuelle Berlin-Monitor der Meinungsforscher von Civey. Sogar eine Mehrheit von CDU-Wähler*innen würde eine solche von dem Juristen Peter Weber vorgeschlagene Maßnahme begrüßen.

Als Politikerinnen interessiert uns die konkrete Umsetzbarkeit. Deshalb haben wir beim Wissenschaftlichen Dienst (WD) des Bundestags ein Gutachten in Auftrag gegeben, ob nicht ein Bundesland autonom einen Mietpreisdeckel für alle Wohnungen - auch die auf dem freien Wohnungsmarkt - einführen kann. Ganz so, wie es bis in die 1980er Jahre in Westberlin Recht und Gesetz war. So spannend der Gedanke ist, dass es aktuell eine bisher übersehene Gesetzgebungskompetenz der Länder für die Miethöhe bei den Bestandsmieten geben könnte, spricht nach Ansicht des WD ein zentrales Argument dagegen. Da sich der Bund mit der Mietpreisbremse ja gerade aktiv in die Mietgesetzgebung einmische, wäre das Land gehindert, es zu regeln.

Aber! Und dies sagt das Gutachten auch. Ein allgemeiner Mietendeckel ist prinzipiell möglich. Es ist allein strittig, ob ein Bundesland ein entsprechendes Gesetz verabschieden darf, es der Bund selbst tun oder erst der Bund für die Länder eine Rechtsgrundlage schaffen müsste. Denn das Bundesverfassungsgericht sagt, dass »preisrechtliche Vorschriften, die durch sozialpolitische Ziele legitimiert werden, verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen sind«. Eine weitere Explosion der Mietpreise zu verhindern und dadurch für alle Bevölkerungsschichten bezahlbaren Wohnraum zu erhalten, wäre für uns klar ein solches Ziel. Natürlich müsste der Eingriff zum Erreichen des Zwecks »geeignet, erforderlich und angemessen« sein. Vor uns liegen also die Instrumente für den Gesetzgeber: Was hilft jetzt und heute gegen steigende Mieten?

Egal welches Instrument man wählt, wenn es scharf ist, würde es die Rendite-Erwartungen der Immobilienbesitzer sicher senken. Doch auch da hat das Gutachten eine Antwort: »Zwar hat der Eigentümer ein Interesse an der rentabelsten Verwertung seines Eigentums. Dieses Interesse ist aber verfassungsrechtlich nicht geschützt.« Um es deutlich zu sagen: die Ausnutzung von Wohnungsknappheit zur Erzielung einer höheren Miete genießt keinen verfassungsrechtlichen Schutz. Erst wenn Mietpreisbindungen auf Dauer zu Verlusten für den Vermieter oder zur Substanzgefährdung der Mietsache führen würden, wären die Grenzen des Rechts auf Eigentum berührt.

Da in diesem Frühjahr im Bundestag und damit in der Großen Koalition in jedem Fall die Debatte um die Verlängerung der Mietpreisbremse über das Jahr 2020 hinaus geführt werden muss, steht es der SPD frei, diese um das Merkmal einer Mietpreisdeckelung im Bestand zu erweitern. Die SPD-Bundesjustizministerin könnte einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen. Denn selbst wenn die Union keinen politischen Willen zeigt und eine große Zahl der Wähler*innen ignoriert, könnte man doch immerhin die Gesetzgebungskompetenz für die Höhe der Mietpreise bundesgesetzlich auf die Länder übertragen. Dann könnte mit einem Mietendeckel zumindest den Mieter*innen in Berlin geholfen werden.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal