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- Berliner Verkehrspolitik
Nachsicht ist gut - Kontrolle auch
Tomas Morgenstern findet, dass geltende Regeln durchgesetzt werden müssen
Polizei und vor allem Innenverwaltung mögen das anders sehen, aber: Berlins Straßen ähneln - besonders in den Innenstadtbereichen und auf den Ausfallstraßen - bisweilen einer Kampfzone. Die stete Zunahme der Verkehrsunfälle und der Zahl derer, die dabei zu Schaden kommen oder gar sterben, scheint das jedenfalls zu bestätigen. Stärker, schneller und rücksichtloser gewinnt. Wenn es knallt, bleiben meist die Schwächeren auf der Strecke. Zwei Drittel der 45 Verkehrstoten waren 2018 Fußgänger und Radfahrer, 13 von ihnen ältere Menschen sowie zwei Kinder.
Keine Frage, Unfallursachen, Schuld oder Mitschuld sind da ganz unterschiedlich verteilt. Aber eins ist wohl klar: Wenn es stimmt, dass die allermeisten Unfälle auch in Berlin auf menschliches Versagen zurückzuführen sind, dann liegt ein Teil der Lösung bei jedem von uns, bei den Verkehrsteilnehmern. Aufmerksamkeit und gegenseitige Rücksichtnahme, also Paragraf 1 StVO. Wie wäre es fürs Erste mit Blickkontakt: Jeder achtet darauf, ob sein Gegenüber bei der Sache ist. Im Zweifelsfall steckt man vielleicht besser selbst dann zurück, wenn man sich absolut im Recht weiß. Rechthaberei kann töten.
Das Land will die Mobilität neu organisieren, müsste dafür aber die Verkehrsinfrastruktur schneller umgestalten, damit die Straßen sicher werden. Und die Einhaltung von Regeln muss endlich durchgesetzt werden - es fehlt an Kontrolle und Ahndung. Ganz besonders in einer Stadt wie Berlin, deren Einwohnerschaft so rasant wächst, und deren Straßen und Plätze auch von Ortsfremden, Touristenpulks und Partygängern unsicher gemacht werden. Die Wahrscheinlichkeit, mit zu viel Tempo, beim Vorfahrtschneiden oder Falschparken von der Polizei erwischt zu werden, ist viel zu gering. Es wirkt wie ein Sport, mit dem Ignorieren von Ampeln, Überwegen oder auch nur des Nebenmanns davon zu kommen. Blöderweise nehmen auch Fußgänger und Radfahrer daran teil.
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