Kosten senken dank schierer Größe

Commerzbank und Deutsche Bank könnten durch eine Fusion auch profitieren

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Als am Sonntagmittag weltweit die Börsenpflichtinformationen durch das Internet jagten, dass Deutschlands Bankriesen über einen Zusammenschluss verhandeln, konnte dies kaum noch überraschen. Die Reaktionen in Expertenkreisen, Medien und Politik fielen überwiegend skeptisch aus. »Zwei kranke Truthähne ergeben keinen Adler«, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Fabio De Masi. Dabei gibt es gute Gründe für eine Vereinigung.

Schon die schiere Größe kann ein Wettbewerbsvorteil sein, wenn Ratingagenturen, Banken und Investoren diese als zweckmäßig einschätzen. Aktuell erhalten Deutsche Bank und Commerzbank nur Mittelklassebewertungen. Sie müssen daher höhere Zinsen als Risikoaufschlag für die Milliarden zahlen, die sie sich auf den internationalen Finanzmärkten leihen. Durch eine Fusion könnten diese Kosten gesenkt werden, weil die dadurch entstandene Bank aufgrund ihrer Größe als kreditwürdiger eingeschätzt werden könnte.

Generell sei die »Konsolidierung« der Bankenbranche in Deutschland und Europa für seinen Konzern »ein wichtiges Thema«, schrieb Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing in einem Brief an die über 90 000 Beschäftigten des Konzerns. Wenn sich »Gelegenheiten bieten«, müsste man sie nutzen. Sewing könnte sich von einer Fusion - die wohl eine Übernahme der kleineren Commerzbank wäre - einen Befreiungsschlag erhoffen. Zwar ist er mit der Sanierung der juristischen und wirtschaftlichen Altlasten, die ihm seine Vorgänger hinterließen, vorangekommen. Doch in wichtigen Kennzahlen ist die Konkurrenz aus Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten derzeit weitaus besser aufgestellt. Dennoch betont Sewing erneut das Ziel, »eine globale Bank«, basierend »auf einer führenden Position im Heimatmarkt Deutschland« zu sein.

Wenigstens dem letzteren Ziel käme Sewing mit einer Fusion näher. Zusammen mit der immer noch nicht ganz integrierten Postbank wäre der neue Monopolist mit über 2000 Filialen und vor allem mit über 30 Millionen Kunden im Massengeschäft mit Sparern, Baufinanzierungen und Altersvorsorge, auf Augenhöhe mit den regionalen Platzhirschen von den Sparkassen.

Im Firmenkundengeschäft ergänzen sich beide. Commerzbankchef Martin Zielke sieht sich hier als »Marktführer«: Man wickle rund 30 Prozent des Außenhandels des Exportweltmeisters ab. Auch im Auslands- und Firmenkundengeschäft dürfte ein Bankmonopolist noch größere Schlagkraft entwickeln. Das gilt auch für das in der Commerzbank erfolgreiche Onlinebanking und die ertragreiche Vermögensverwaltung der Deutschen Bank.

Eine Vereinigung bietet nicht allein Chancen auf höhere Einnahmen, sie könnte auch Kosten senken. Angesicht von Niedrigzinsen und hohen Kosten für Regulierung und Computertechnik drehen beide Vorstände zwar ohnehin an der Kostenschraube. Mehr oder weniger sozialverträglich. So hielt sich ver.di-Chef Frank Bsirske, der im Aufsichtsrat der Deutschen Bank sitzt, mit Kritik an der Integration der Postbank, die schon Tausende Stellen kostet, merklich zurück. Doch durch einen Zusammenschluss von Deutscher Bank und Commerzbank würde es an vielen Stellen, vor allem im Privat- und Firmenkundengeschäft, »zu erheblichen Überschneidungen von Stärken« kommen, so Jan Duscheck, Bankenexperte der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Analysten halten daher den Abbau von bis zu 30 000 der etwa 140 000 Arbeitsplätze beider Banken für möglich. Allein durch eine Fusion könnten die Vorstände den Kostenblock »Personal« dermaßen drastisch senken.

Und das mit politischem Rückenwind: Zu den möglichen Nutznießern einer Fusion zählte auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Er beflügelt seit Monaten die Idee eines »nationale Champions« und gilt im Politikbetrieb als der eigentliche Treiber. Dabei mögen den früheren Hamburger Bürgermeister die teuren Erfahrungen mit der Privatisierung der HSH Nordbank antreiben, die der Hansestadt und Schleswig-Holstein mindestens zehn Milliarden Euro kosten werden. Die Bundesrepublik ist mit knapp 16 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Bislang verhinderte der schwache Börsenkurs einen Verkauf der Staatsanteile.

Spätestens, wenn sich die Fusionspläne verdichten, dürften die Aktienkurse von Commerz- und Deutscher Bank wieder steigen. An der Börse ist selbst Deutschlands Nummer eins derzeit nur rund 15 Milliarden Euro wert - weit abgeschlagen hinter den Spitzenbanken im Euroraum. Die Aktionäre, die in Frankfurt am Main zur Hälfte aus dem Ausland kommen, könnten im Zuge der Fusionsgerüchte Kasse machen wollen. Und sollte es zu einem Zusammenschluss kommen, würde den Investoren ein Fusionsbonus winken. Kommentar Seite 8

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