Paderborn hat Großes vor

Mit Leidenschaft und Angriffslust geht es für die Ostwestfalen stetig nach oben. Jetzt wollen sie ins Pokal-Halbfinale

Natürlich gab es keinen freien Tag für Paderborns Fußballer. Die Frage danach entsprang einem Journalisten am vergangenen Sonnabend vermutlich ob des großen Auftritts der Mannschaft aus Ostwestfalen. Mit 3:1 hatte sie den 1. FC Union in der Alten Försterei besiegt. Als die Berliner Spieler nach der üblichen Ehrenrunde schon längst in der Kabine verschwunden waren, wurden die Paderborner noch immer von ihren Fans gefeiert.

Der Sieg beim Aufstiegsfavoriten aus Köpenick, der die erste Heimniederlage nach 20 ungeschlagenen Spielen einstecken musste, war aber nur ein weiterer Höhepunkt der Paderborner Zweitligasaison. Auf Platz vier steht der Aufsteiger nur noch drei Punkte hinter dem geschlagenen Gegner und dem Relegationsplatz. Markus Krösche kann sich also nicht beklagen. »Die Stimmung ist sehr, sehr gut«, freut sich der Geschäftsführer des SC Paderborn. Die etwas mehr als 2000 nach Berlin mitgereisten Fans bestätigten diesen Eindruck.

Der nächste Höhepunkt folgt schon an diesem Dienstag. Gegen den Hamburger SV spielen die Paderborner im Viertelfinale des DFB-Pokals. »Nein«, antwortete also Steffen Baumgart am Sonnabend. Es werde trainiert und regeneriert, umriss der Trainer den Ablauf bis zum nächsten Anpfiff. Konkreter wollte er auch am Montag auf der Pressekonferenz zur Pokalpartie nicht werden. Lässt er Pokal-Keeper Michael Ratajczak ins Tor? Wird er nach dem kräftezehrenden Spiel in Berlin Wechsel in der Anfangsformation vornehmen? Baumgart ließ all das offen. Nur so viel: »Wir können etwas Großes erreichen.«

Mit einem Sieg würde der SC Paderborn erstmals in der Vereinsgeschichte ins Halbfinale des DFB-Pokals einziehen. Obwohl es ein Zweitligaduell ist, wollte Markus Krösche die Verhältnisse am Montag nochmal zurecht rücken. Der HSV sei der Favorit. »Er ist ein gefühlter Erstligist und hat den vierfachen Etat von uns«, sagte er. Die Argumentation des Geschäftsführers hielt Steffen Baumgart aber nicht davon ab, Selbstbewusstsein zu demonstrieren. »Ich erwarte ein Spiel auf Augenhöhe«, meinte er.

Die Angriffslust des Trainers ist kein taktisches Vorspiel. Baumgart hat mit Paderborn nämlich schon Großes erreicht. Vor knapp zwei Jahren kam er zum SC. In den letzten fünf Saisonspielen holte er mit dem Team elf Punkte, konnte den sportlichen Abstieg im Endspurt aber nicht mehr verhindern. Weil jedoch 1860 München als Zweitligaabsteiger keine Lizenz für die 3. Liga bekam, schaffte Paderborn auf Umwegen doch noch den Klassenerhalt. In seiner ersten kompletten Saison führte der Trainer den Verein dann zum Aufstieg und, wie auch jetzt, ins Viertelfinale des DFB-Pokals.

Aktuell ist der SC Paderborn die beste Rückrundenmannschaft der zweiten Liga. Wie viel Baumgarts Spieler dafür investieren, war am Sonnabend in Berlin zu sehen. Unions ratlos wirkender Trainer Urs Fischer reduzierte die am Ende deutliche und verdiente Niederlage auf »individuelle Fehler« seines Teams. Baumgart hielt sich in der Analyse zurück, freut sich lediglich, dass seine Mannschaft dagegen gehalten habe. Er auch über den unermüdlichen Kampf und die große Leidenschaft seiner Spieler sprechen können. Aber wahrscheinlich hat er genau das schon zu oft gemacht. Gegen den 1. FC Union, das laufstärkste Team der Liga, lief seine Mannschaft noch einmal zwei Kilometer mehr als der Gegner - im Offensivpressing, in der Abwehrbewegung und im Umschaltspiel.

Bezeichnend für die Paderborner Einstellung und Spielweise stand am Sonnabend Sven Michel. Er war einer der Torschützen. Eine offene, rote Wunde samt eigroßer Schwellung am Fuß lief er später durch den Kabinengang. Mit der relativ früh erlittenen Verletzung hatte er durchgespielt. Und, so war zu hören, gegen den Hamburger SV wird er wohl auch wieder auflaufen. Vor seinem Wechsel im Jahr 2016 hatte der 28-jährige Angreifer gerade mal 14 Zweitligaeinsätze vorzuweisen, jetzt ist er Teil der zweitbesten Offensive: 61 Tore hat Paderborn in 27 Spielen schon erzielt, nur der 1. FC Köln traf häufiger. Paderborns bester Torschütze ist mit 13 Treffern Philipp Klement. Der 26-Jährige hat einen ähnlichen Werdegang wie Michel und viele andere seiner Mitspieler: trotz Talent nicht woanders durchgesetzt und jetzt mit Paderborn Großes vor.

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