Werbung
  • Politik
  • Zentrum für politische Schönheit

»Wir protestieren!«

Die Kriminalisierung von Kunst muss aufgearbeitet werden, fordern prominente wie Herbert Grönemeyer und Jan Böhmermann

  • Lesedauer: 3 Min.

In der vergangenen Woche wurde öffentlich, dass die Staatsanwaltschaft Gera gegen die Künstler*innen des »Zentrums für Politische Schönheit« (ZPS) seit 16 Monaten wegen der angeblichen »Bildung einer kriminellen Vereinigung« ermittelt. Nach massivem öffentlichen Druck wurde das Verfahren vergangenen Montag eingestellt.

In einem offenen Brief hat eine Gruppe von Künstlern und Wissenschaftlern nun Kritik an den Ermittlungen gegen das »Zentrum für politische Schönheit« geäußert. Die Ermittlungen stellen ihrer Ansicht nach einen bedrohlichen Angriff für die Kunst- und Pressefreiheit dar. »Wir protestieren!«, heißt es in der Petition, die von der Intendantin des Maxim-Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, angestoßen wurde.

Grönemeyer, Böhmermann und Deichkind

Zu den Unterzeichner*innen des offenen Briefs gehören der Musiker Herbert Grönemeyer, Lea Rosh, der Moderator Jan Böhmermann, die Schriftsteller*innen Saša Stanišić, Sibylle Berg und Deniz Yücel, die Initiatorin des Holocaustmahnmals in Berlin, Lea Rosh, die Musiker von Deichkind, der Soziologe Harald Welzer und viele andere Kunstschaffende.

Mit »Fassungslosigkeit« habe man zur Kenntnis genommen, dass die Staatswanwaltschaft nach Paragraf 129 des Strafgesetzbuches mit Blick auf den Verdacht zur Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt habe, heißt es in dem Brief. Der § 129 StGB ist bekannt als »Schnüffelparagraf«, der eigentlich nur für besonders schwere Straftaten wie Terrorismus und Bandenkriminalität angewandt wird.

Ein einmaliger Angriff auf die Kunst

Ein derartiges Ermittlungsverfahren ist bisher noch nie gegen Künstler*innen zum Einsatz gekommen. »Die Staatsgewalt greift massiv in die Grundrechte von Künstler*innen ein«, kritisieren die Unterzeichner*innen des Briefes. Sie fordern eine offizielle Entschuldigung der politisch Verantwortlichen sowie eine Erklärung der Vorgänge. Thüringens Landesjustizminister Dieter Lauinger (Grüne) fordern sie auf, dafür zu sogen, »dass solche Ermittlungen künftig erst überhaupt nicht begonnen werden«, schreiben die Künstler.

Das Ermittlungsverfahren wurde eine Woche nach Veröffentlichung der ZPS-Aktion »Deine Stele«, dem Bau einer Kopie des Holocaust-Mahnmals gegenüber des Wohnhauses von Björn Höcke eingeleitet. Die Kunstaktion wurde im Rahmen des 3. Berliner Herbstsalons des Maxim Gorki Theaters präsentiert.

Die Ermittlungen, so die Unterzeichner*innen, seinen gerade vor dem Hintergrund fatal, dass sich diese Vorgänge in Thüringen abgespielt hätten, in dem die nachlässige Ermittlungsarbeit es nicht verhinderte, dass eine echte »kriminelle Vereinigung« wie die des mörderischen »NSU« Rechtsterror-Netzwerks jahreland agieren konnte.

Der LINKEN-Politiker Niema Movassat hatte am Mittwoch Strafanzeige wegen Rechtsbeugung gegen Martin Zschächner gestellt. Die Ermittlungen des Thüringer Staatsanwaltes gegen die linke Künstlergruppeseien seien ein »Skandal«. »Sie entsprechen nicht dem Neutralitätsgebot, welches für Staatsanwälte gilt«, sagte Movassat dem »nd«. Rechtsbeugung begehen Richter oder Staatsanwälte laut Paragraf 339 des Strafgesetzbuches, wenn sie bei Entscheidungen zugunsten oder zum Nachteil einer Partei das Recht verbiegen. fhi/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal