Schlappe für Pläne zur Privatisierung

Frankreichs Opposition forciert Referendum

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.

Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung haben eine herbe Niederlage erlitten. Die Gegner der geplanten Privatisierung der Pariser Flughafengesellschaft ADP (Aéroports de Paris), die das Projekt durch ein Referendum zu Fall bringen wollen, bekamen vom Verfassungsrat recht.

Dieser entschied am Donnerstag, dass ein Referendum über die Frage, ob ADP in eine »Einrichtung des Öffentlichen Dienstes« verwandelt werden soll, gesetzlich zulässig ist. Ein positives Ergebnis würde eine Privatisierung de facto unmöglich machen. Für diesen Antrag hatten sich 248 Abgeordnete und Senatoren der linken und rechten Opposition zusammengefunden. Die rechtsextreme Bewegung Rassemblement National (RN) wurde nicht einbezogen, greift aber das Ergebnis jetzt für die eigene Propaganda gegen Macron und die Regierung lautstark auf.

Es ist das erste Mal, dass ein seit 2013 gesetzlich mögliches »Referendum durch geteilte Initiative« (Référendum d'initiative partagée RIP) auf den Weg gebracht wird. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens 185 Parlamentarier die Initiative ergreifen und innerhalb von neun Monaten 4,7 Millionen Unterschriften wahlberechtigter Franzosen sammeln. Dann ist die Regierung verpflichtet, ein Referendum durchzuführen, an dem alle Wähler teilnehmen können.

Das Wirtschaftsministerium hat die Entscheidung des Verfassungsrats zur Kenntnis genommen und erklärt, dass der Privatisierungsprozess bis auf weiteres ausgesetzt wird. Dabei hatte die Regierung schon fest mit den Milliarden gerechnet, die sie durch den Verkauf von der Flughafengesellschaft einnehmen wollte. Doch sie erleidet jetzt nicht nur eine wirtschaftliche Niederlage, sondern mehr noch eine politische.

Nach sechs Monaten Protestaktionen der Gelben Westen, zu deren Hauptforderungen mehr direkte Demokratie und nicht zuletzt ein Referendum - wenngleich eins auf Initiative der Bürger (Referendum d'initiative citoyenne RIC) - gehörte, sieht sie nun tatsächlich ein Referendum und damit eine sehr wahrscheinliche Niederlage auf sich zukommen.

Gegen sie bildete sich eine »Einheitsfront« der linken und rechten Opposition, die stellvertretend für die breite Ablehnung der gegenwärtig verfolgten neoliberalen Politik Macrons und seiner Regierung in der Bevölkerung steht. Das droht das Referendum deutlich zu machen, zumal aus Umfragen hervorgeht, dass die ADP-Privatisierung massiv abgelehnt wird. Zudem droht dieses Thema in den nächsten neun Monaten, in denen die Unterschriften gesammelt werden, ganz wesentlich die innenpolitische Debatte zu bestimmen und andere Themen, die auf der Regierungsagenda stehen, in den Hintergrund zu rücken.

Pikanterweise hat Präsident Macron kürzlich angekündigt, dass die Schwelle für die Initiative zu einem RIP-Referendum von 4,7 auf eine Million Unterschriften gesenkt wird - als Schlussfolgerungen der Proteste der Gelben Westen und der nachfolgenden Nationalen Debatte. Diesen Schritt wird er jetzt vielleicht schon bereuen.

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