Geschäftsleute in Aleppo sind enttäuscht

Wen die Sanktionen des Westens in Syrien treffen

  • Lesedauer: 2 Min.

»Warum hindern uns Europa und die USA mit den Sanktionen daran, dass wir jetzt die Häuser wieder aufbauen? Dass wir den Strom wieder herstellen, Lebensmittel produzieren?« Aufgebracht sitzt eine Gruppe von Geschäftsleuten aus Aleppo mit der Autorin zusammen. Die Männer, die vor dem Krieg Textilien, Medikamente, Leder, Schuhe und vieles andere produzierten, lassen ihrer Enttäuschung über die westliche Politik gegen ihr Land freien Lauf.

Mustafa al-Kawaji ist der stellvertretende Vorsitzende der Industrie- und Handelskammer in Aleppo. Ihm gehörte eine der größten Textilfirmen in Aleppo, die in alle Welt exportierte. »Karstadt, Kaufhof und C&A, Adidas, Puma, wir haben mit allen gut zusammengearbeitet«, sagt er und schüttelt den Kopf. »2011 wurden unsere Konten gesperrt, wir erhalten keine Visa für die Einreise nach Deutschland. Wofür wollen Sie uns bestrafen?« Seine und die Fabriken seiner Kollegen seien mutwillig zerstört und ausgeraubt worden, fährt er fort und verweist auf die Plünderungen der Industriegebiete von Aleppo durch die »Freie Syrische Armee« 2012 und 2013.

Man wolle und könne das Land wieder aufbauen, meint ein Kollege von Kawaji, der seinen Namen nicht nennen möchte. »Die EU-Sanktionen und das US-Ölembargo verhindern, dass wir einkaufen und importieren können, was wir für den Wiederaufbau brauchen. Stattdessen schickt man uns Hilfsorganisationen, die dafür sorgen, dass die Menschen in Notunterkünften und Zelten bleiben und aus der Hand in den Mund leben müssen. Wir können alles wieder aufbauen: Häuser, Fabriken, Krankenhäuser. Wir können den Menschen Arbeit geben. Aber Sie lassen das nicht zu!«

Karin Leukefeld, Aleppo

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