Linzer Leiden

Neues aus dem Trainingslager des 1. FC Union

Endlich mal was anderes. Oder wie es Mittelfeldspieler Robert Andrich sagt: »Sich täglich im Training zu quälen, ist nicht immer schön. Es ist eine Genugtuung, endlich wieder auf den Platz zu dürfen.« Das Pensum der Profis vom 1. FC Union wurde deutlich reduziert, stattdessen gab es zwei Testspiele gegen zwei österreichische Zweitligisten. Beide gewannen die Berliner mit 3:0, doch wirklich überzeugen konnte der Bundesligaaufsteiger weder am Freitag gegen den SV Ried, noch tags darauf gegen Blau-Weiß Linz.

Endlich mal woanders. Während die Partie gegen Ried noch vor dem herrlichen Bergpanorama in der Windischgarstner Arena gespielt wurde, ging es am Sonnabend in die eine Autostunde entfernte oberösterreichische Landeshauptstadt. »Sportstadt Linz« - dieser Schriftzug steht groß am Stadion »Auf der Gugl«. Die Donaumetropole mit 200 000 Einwohnern und dem wunderbaren Altstadtzentrum ist Österreichs drittgrößte Stadt. Und sie hat mit dem Gugl-Oval die einzige vom Weltverband IAAF zugelassene Leichtathletikanlage der Alpenrepublik. Ein Streitthema ist das 21 000 Zuschauer fassende Stadion in der Stadt schon länger, in den vergangenen Wochen ist er sogar bundesweit eskaliert.

So einträchtig wie am Sonnabend hätten es die Linzer gern, vor allem die blau-weißen. Dicht gedrängt verfolgen 750 Fans die Partie, darunter 250 aus Berlin. Gespielt wird nämlich auf dem Nebenplatz. Damit wird auch den Unionern ein ärgerlicher Anblick erspart: die blaue Laufbahn - wie im Charlottenburger Olympiastadion des Stadtrivalen Hertha BSC. Die anstehenden Derbys hatte Dirk Zingler jüngst zum »Klassenkampf« ausgerufen. Unions Präsident ist am Freitag im Trainingslager angekommen. Er kennt die Begeisterung der Fans, Neuzugang Robert Andrich ist davon noch beeindruckt: »Es ist unglaublich schön, dass uns so viele begleiten. Das gibt Kraft.«

Während sich die Mannschaften in einem teils hart geführten Spiel nichts schenken, vereint die Anhänger die Abneigung zur Gugl. »Viele Fans von Blau-Weiß boykottieren das Stadion«, erzählt ein österreichischer Kollege. Schon die vielen Graffiti auf dem Gelände verraten: Es ist eigentlich die Heimat des Stadtrivalen Linzer ASK. Deshalb kommen zu den Ligaspielen auch nicht viel mehr als an diesem Sonnabend, in der vergangenen Saison lag der Zuschauerschnitt nur knapp über 1000. Selbst das oberösterreichische Derby gegen Ried hatte nur 1900 Zuschauer angelockt.

Allzu lange müssen die blau-weißen Linzer nicht mehr leiden. Wenn ihr Donaupark umgebaut ist, können sie in spätestens drei Jahren wieder heimkehren. Die Finanzierung dafür ist Teil einer oberösterreichischen Sportoffensive, von der auch die Volleyballspielerinnen und die Handballer in Linz mit einer bundesligatauglichen Halle profitieren sollen. Dazu gehört aber auch, dass der Linzer ASK in einem Jahr von Pasching wieder auf die »Gugl« ziehen wird. Dass der Erstligist eine 80-jährige Alleinnutzung des Stadions erhielt, führte zu einem Aufschrei in Österreichs Sportwelt. Das Stadion war erst vor zehn Jahren für mehr als 30 Millionen Euro saniert worden, jetzt soll daraus mit weiteren 50 Millionen eine reine Fußballarena werden. Trotz einer angebotenen Alternative für ein Leichtathletikstadion, das internationalen Standards genügt, protestieren die Gegner landesweit mit einer Onlinepetition.

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