Firmen locken Sparer mit hohen Zinsen

Anleihen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Uwe Seelers Lieblingsverein ist gestolpert und heftig auf die Nase geflogen. Sportlich hat der Hamburger Sportverein (HSV) den Bundesligaaufstieg verpasst, und auch wirtschaftlich ist es um den Fußballklub, dessen Schulden auf bis zu 100 Millionen Euro geschätzt werden, nicht wirklich gut bestellt. Die nun schon jahrelange Dauermisere des HSV ist allerdings auch ein Problem für Anleger. Jedenfalls für solche, die den klammen Klub mit ihrem Geld unterstützen.

Vor nicht allzu langer Zeit hat der HSV eine sogenannte Fananleihe auf den Markt für Finanzprodukte gebracht: 5000 Anleger investierten ab 100 Euro aufwärts. Immerhin 17,5 Millionen Euro hat der Klub auf diese Weise eingesammelt. Das Wertpapier ist mit 6 Prozent stattlich verzinst und läuft bis zum Jahr 2026.

Das Problem: Diese Anleihe ist hochspekulativ. Und durch den verpassten Wiederaufstieg in die Erste Bundesliga verschlechtert sich die finanzielle Lage zusätzlich. Ein weiteres Abrutschen könnte die Insolvenz der HSV Fußball Aktiengesellschaft zur Folge haben, in die die Profifußballabteilung ausgegliedert ist. Damit wäre auch das Geld der Anleger teilweise verloren.

Kürzlich versuchte der ebenfalls abgestürzte Traditionsverein 1. FC Kaiserslautern sein Glück mit einer Fananleihe; in München, beim früheren Erstligisten SpVgg Unterhaching, denkt man laut darüber nach. Doch das medial aufgeblasene Fußballbusiness ist nur ein kleiner Spieler auf dem großen Spielfeld der »Mittelstandanleihen« hierzulande.

Wie funktioniert eine Mittelstandsanleihe?

Für Firmen bieten Anleihen eine Alternative zum Kredit, den eine Bank vergibt. Mit solchen Wertpapieren finanzieren sich mittelständische Unternehmen, wie beispielsweise Fußballklubs, über den Kapitalmarkt. Das »Emissionsvolumen« liegt üblicherweise zwischen 15 und 200 Millionen Euro. Es ergibt sich aus dem Volumen an Wertpapieren, welches im Zuge einer Emission (Ausgabe, Verkauf von Wertpapieren) verkauft wird.

Die Laufzeit einer Mittelstandanleihe (Schuldverschreibung, Obligation, Rentenpapier, engl.: Bond) beträgt üblicherweise um die fünf Jahre. Die Anleihen sind meist mit einem festen Zinssatz ausgestattet. Die Stückelung der Papiere liegt dann oft bei 1000 Euro oder weniger, damit auch Privatanleger zugreifen. Mit dem Geld der Anleger werden oft ältere Wertpapiere abgelöst, beim HSV war es eine frühere Fananleihe. In anderen Fällen wird das Geld beispielsweise für Investitionen in neue Maschinen genutzt.

Doch was ist mit den Zinsen?

Da Mittelstandsanleihen grundsätzlich riskanter sind als etwa ein Sparbuch oder Wertpapiere eines Staates, müssen die Firmen den Anlegern eine höhere Rendite bieten. Die übliche Verzinsung lag 2018 zwischen 4 und 6 Prozent.

Aus Sparersicht ist noch wichtig: Mittelstandsanleihen werden häufig an einer Börse oder »over the counter«, über den Banktresen, privat verkauft. Das heißt, wenn Sie bei ihrer Bank oder Sparkasse einen Anteilsschein erwerben, können sie diesen vor dem Ende der Laufzeit wieder verkaufen. Dadurch sind Mittelstandsanleihen flexibler als beispielsweise Sparbriefe.

Auch sichere Anlagen sind nicht ohne Risiko

Ein solcher Verkauf ist allerdings meist mit einem Verlust verbunden. So schoss der Kurs der HSV-Anleihe, nachdem der Aufstieg in die Erste Bundesliga verspielt war, um über 10 Prozent in den Keller.

Gehandelt wird das Papier an allen sechs deutschen Börsenplätzen zwischen Berlin und Stuttgart. Angesichts des geringen Volumens der meisten Mittelstandsanleihen kann der Handel über eine Börse mangels Angebot oder Nachfrage nur eingeschränkt möglich sein. Im Trend ist die Spanne zwischen Kauf- und Verkaufskurs auch daher sehr groß.

Nach diversen Unternehmenspleiten haben sich Mittelstandsanleihen einen schlechten Ruf verdient. Dennoch werden Anleihen gerne als besonders sichere Geldanlage mit relativ hoher Verzinsung angepriesen. Das sind sie nicht wirklich, wie nun wohl auch Uwe Seeler weiß: In den vergangenen Jahren gab es mehr als 50 Anleiheausfälle. Die Hamburger Reederei Rickmers war ein prominenter Fall, wie auch der ostdeutsche Agrarkonzern KTG oder die »grüne« Energiegenossenschaft Prokon.

Am laufenden Meter kommen neue Mittelstandsanleihen auf den Markt. In diesem Frühjahr beispielsweise von den Firmen Katjes, Schneekoppe und Schalke O4, den fast abgestiegenen Fußballbundesligisten aus Gelsenkirchen. Auf der Internetplattform www.bondguide.de finden Sie Informationen über mehr als 100 aktuelle Anleihen, mit Laufzeit, Kurs und Rendite.

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