Kolumbianischer Tag in den Alpen

Nairo Quintana gewinnt die Etappe in Valloire, der Franzose Julian Alaphilippe verteidigt weiter die Gesamtführung

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 4 Min.

Teil eins des Alpenthrillers fand zwischen Embrun im Alpenvorland und dem kleinen Skiort Valloire, mitten auf der Abfahrt vom majestätischen Col du Galibier statt. Gleich zwei Vorspiele hatte es am Start gegeben. Die Teams Jumbo-Visma und Ineos, die Rennställe der am Vortag wegen Rempeleien ausgeschlossenen Tony Martin und Luke Rowe, versuchten fieberhaft, die Entscheidung anzufechten. Fernsehbilder hatten die Auseinandersetzung zwischen beiden Profis beim Kampf um die beste Position eindeutig belegt. Die Jury hatte durchgegriffen. Die Kampfhähne zeigten sich zwar reumütig, sie produzierten auch ein gemeinsames Video, in dem sie sich entschuldigten und einander die Hände reichten.

Kollegen und sportliche Leiter schätzten die Strafe allgemein als zu drastisch ein. »Bei allem Respekt für die Kommissäre: Wenn alle Aktionen ähnlicher Güte von ihnen ebenso hart sanktioniert werden, käme keiner von uns in Paris an«, meinte Martins Teamkollege George Bennett.

Für das zweite Vorspiel sorgten die Dopingkontrolleure. Wie der Branchendienst cyclingnews berichtete, wurden eine Stunde vor Start Dopingkontrollen bei den beiden Ineos-Profis Geraint Thomas und Egan Bernal, beim Gesamtführenden Julian Alaphilippe sowie bei mehreren Profis von Jumbo Visma, unter ihnen der Gesamtdritte Steven Kruijswijk, durchgeführt. Mit Kontrollen kurz vor dem Wettkampf hoffen die Tester, dem Doping mit Mikrodosen Epo auf die Spur zu kommen.

Mit etwas weniger Flüssigkeit im Körper der Stars und ohne die beiden ausgeschlossenen Profis ging es dann auf die 208 Kilometer lange Etappe, und die Favoriten ließen bald 33 Ausreißer ziehen. Die Deutschen Simon Geschke, Nikias Arndt, Lennard Kämna und Nils Politt waren unter ihnen. Prominenteste Fahrer aber waren die früheren Tourzweiten Nairo Quintana und Romain Bardet. Am Col d’Izoard fiel die Gruppe erstmals auseinander. In der Abfahrt sammelten sich aber wieder einige Fahrer, unter ihnen auch Kämna. Später schloss Quintana noch auf.

Im Feld der Favoriten verschärfte Team Movistar das Tempo. Die Gruppe dünnte sich auf 19 Fahrer aus. In ihr hielt sich neben den anderen Favoriten auch Emanuel Buchmann. Alles erwartete einen Angriff von Mikel Landa. Doch der Kapitän von Movistar machte keine Anstalten, die Vorarbeit seiner Kollegen zu vollenden.

Da in der Abfahrt zwischenzeitlich abgehängte Helfer vom Ineos wieder den Anschluss fanden, stellte sich am Col du Galibier das Jahre lang gewohnte Bild ein: Der Bergzug des britischen Rennstalls kontrollierte das Tempo. Alaphilippe, dem Mann in Gelb, kam das eher entgegen. Lange hielt er mit.

An den steilsten Rampen versuchte schließlich Ineos-Youngster Egan Bernal eine ernsthafte Attacke. Der Kolumbianer löste sich etwa vier Kilometer vor dem Gipfel. Ganz vorn hatte da sein kolumbianischer Landsmann Quintana bereits die Initiative übernommen. Sieben Kilometer vor der Passhöhe schoss er aus der Ausreißergruppe heraus und gewann Sekunde um Sekunde. Mit über neun Minuten Rückstand ins Rennen gegangen fuhr er sich nun wieder in die vorderen Plätze hinein.

Kurz vor dem Gipfel setzte Titelverteidiger Thomas dann seine erste richtige Attacke. Mit vereinten Kräften holten Buchmann und Thibaut Pinot den Waliser aber wieder ein, während Alaphilippe die Kontrahenten zunächst ziehen lassen musste. Auf dem letzten Kilometer des Galibiers abgehängt, schloss der Franzose aber in der Abfahrt wieder zur Gruppe um Thomas auf und machte umgehend als Solist Jagd auf Bernal.

Den Sieg sicherte sich Qunitana, und Bernal schob sich im Gesamtklassement am Teamkollegen Thomas vorbei. Sein Rückstand auf Alaphilippe beträgt nun noch 90 Sekunden. Bei den noch kommenden zwei Bergankünften ist es durchaus möglich, dass er den Franzosen noch einholt.

Emanuel Buchmann hielt sich erneut unter den Besten der Tour und verteidigte Platz sechs. »Heute lief es auch wieder ganz gut. Bis zur letzten Attacke von Gerraint Thomas hatte ich mich sehr gut gefühlt. Ab da war ich aber komplett am Limit«, sagte der Ravensburger im Ziel. »Dass Bernal Sekunden gut gemacht hat, ist ärgerlich, aber nicht zu ändern.«

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