Zweiter Putsch bei Berliner Oberligisten Tennis Borussia

Jens Redlich ist nicht mehr Vorstandschef / Geschäftsstelle durch neuen Vorstand besetzt

  • John Hennig
  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Machtkampf beim Berliner Oberligisten Tennis Borussia hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Im Januar scheiterte die Opposition im Verein gegen Vorstandschef und Geldgeber Jens Redlich bei einer turbulenten Mitgliederversammlung. Ein halbes Jahr später bestellte sie ohne Redlichs Wissen erfolgreich einen neuen Vorstand - und nahm die Geschäftsstelle ein.

Zunächst war eine offiziell anmutende Vereinsmitteilung veröffentlicht worden, wonach Günter Brombosch vom Aufsichtsrat als neuer Vorstandsvorsitzender bestellt worden sei: »Die Amtszeit des kommissarischen Vorstands Andreas Voigt hatte mit der Mitgliederversammlung im Januar geendet, Michael Scholich und Jens Redlich waren vorzeitig zurückgetreten.«

Doch Redlich, gerade in den USA, wusste davon gar nichts und dementierte, sich aus den Vereinsgremien zurückgezogen zu haben, wie er noch am Dienstagabend auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur sagte: »Ich habe nur gehört, dass Menschen die Geschäftsstelle gekapert haben sollen.«

Nachdem Redlich zwischenzeitlich einen »Putschversuch« ausgemacht hat, äußerte er sich später zurückhaltend darüber, ob er den erzwungenen Rücktritt anfechten kann: Das Amtsgericht weist Redlich schon nicht mehr als Vorstandsvorsitzenden aus. Die letzte Änderung im Vereinsregister datiert vom 24. Juli. Dort steht nun Bromboschs Name. »Herr Redlich hat bereits vor mehreren Monaten schriftlich seinen Rücktritt erklärt«, schrieb der neue Vorstand am Mittwoch, die Erklärung sei »von Anwälten, Notar und Amtsgericht als wirksam erachtet« worden.

Der neue Vorstandschef Brombosch wird zitiert: »Auf uns wartet eine Menge Arbeit: Als erstes müssen wir die Situation im Verein sondieren, Gespräche führen und Unterlagen sichten.« Die Mitglieder und Mannschaft sollten noch am Mittwoch informiert werden. Unklar ist, inwieweit sie die Übernahme mittragen und ob abgeschlossene Verträge weiterhin gültig bleiben. Wenn Redlich am Donnerstag nach Berlin zurückkehrt, kann es auf eine juristische Auseinandersetzung hinauslaufen.

Der Geschäftsführer einer Fitnessstudiokette war vor drei Jahren als Geldgeber eingestiegen und unterstützte den finanziell angeschlagenen ehemaligen Bundesligisten unter anderem mit mindestens 2,5 Millionen Euro. Redlich wollte den Verein zurück in die Regionalliga führen, was bislang aber misslang. »Egal wie das Ganze sich dreht oder wendet«, weder er noch seine Firma würden Geld zurückfordern, schrieb Redlich auf Facebook. »Das Geld wurde im Sinne für Tebe gezahlt ohne Hintergedanken, den Verein in ein Schuldverhältnis zu bringen.«

Der neue Vorstand betonte, bereits Gespräche mit möglichen neuen Geldgebern und Partnern geführt zu haben und dass ein Etat für die neue Saison gesichert sei - auch bei einem Ausstieg Redlichs.

Lesen Sie auch: Bis die Blase wieder platzt. Beim Fußball-Oberligisten Tennis Borussia eskaliert der Konflikt zwischen Vorstand und Fans

In der Vorsaison hatte das zunehmend zerrüttete Verhältnis dazu geführt, dass in der Rückrunde viele Anhänger nicht mehr die Heimspiele besuchten. Sie unterstützten stattdessen als »Caravan of Love« andere Abteilungen und Vereine. Dies wurde vom Fußballmagazin »11Freunde« als Fanaktion der Saison gekürt.

Fan-Sprecher Tobias Schulze kündigte an, die Aktion in abgespeckter Version fortzuführen. Wenn die Übernahme ihres Stammvereins aber erfolgreich sein sollte, kehren sie zurück, sagte Schulze: »Wir freuen uns jetzt auf die neue Saison und den Start am Sonntag bei Tasmania Berlin.« dpa/nd

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal