Ein gigantisch großer Schatten

Robert Lewandowski bleibt mit fünf Treffern der einzige Münchener Torschütze dieser Saison

  • Daniel Theweleit, Gelsenkirchen
  • Lesedauer: 4 Min.

Es gibt Fußballer, denen mit guten Gründen eine gefährliche Neigung zum Größenwahn unterstellt werden würde, wenn sie Sätze formulieren wie Robert Lewandowski. »Man kann alleine ein Spiel gewinnen, aber Titel gewinnt man nur mit der Mannschaft«, sagte der Stürmer des FC Bayern München nach dem 3:0 (1:0) bei Schalke 04. Alleine gegen elf und ein brodelndes Publikum noch dazu?

Eigentlich ist das hoffnungslos, es sei denn man ist ein Superheld wie der unglaubliche Lewandowski. Ein Typ, der nicht überheblich, sondern lässig und elegant wirkt wie James Bond nach einer neuen Weltrettungsmission, wenn er darauf hinweist, dass er diese Partie gegen einen leidenschaftlich kämpfenden Gegner »alleine« gewonnen hat. Alle drei Treffer schoss der Stürmer in Gelsenkirchen, und weil er überdies beide Tore beim 2:2 gegen Hertha BSC am ersten Spieltag erzielte, ist er der einzige Münchner Torschütze in der bisherigen Saison. »Drei Spiele, fünf Tore, so viel hat er im Training nicht getroffen in den letzten Tagen«, merkte Kapitän Manuel Neuer zwar mit süffisantem Unterton an, aber Philippe Coutinho, der Weltstar, der vorige Woche vom FC Barcelona nach München verliehen wurde geriet geradezu ins Schwärmen: »Er ist eine Legende, ein großartiger Spieler, ein großartiger Typ.«

Coutinho hatte auf Schalke sein Debüt gefeiert, nachdem er vor dem Spiel beobachtet worden war wie ein exotisches Tier. Sein Weg vom Bus in die Kabine, seine Schuhe, sein Trikot, seine Adiletten, sein Aufwärmen, seine Einwechslung in der 57. Minute, sein erster Ballkontakt. Und so weiter. Doch am Ende stand der Brasilianer im gigantisch großen Schatten Lewandowskis. Einem Elfmetertreffer ließ der 31 Jahre alte Pole ein brillantes Freistoßtor folgen, das ihn offensichtlich ganz besonders freute. Spätestens der dritte Treffer, ein satter Flachschuss, untermauerte dann nicht nur seine Ausnahmestellung auf dem Platz, sondern auch seine Bedeutung als einflussreiche Persönlichkeit innerhalb des Klubs.

Lewandowski war ja während der Sommerpause als lautstarker Kritiker in Erscheinung getreten, als Antreiber für Sportdirektor Hassan Salihamidzic, dessen Transfermarktarbeit zwischendurch etwas zögerlich wirkte. Nun kamen auf Schalke die neuen Verteidiger Lucas Hernandez und Benjamin Pavard zum Einsatz, eingewechselt wurden Coutinho und Ivan Perisic, »es sieht wirklich sehr gut aus«, sagte Lewandowski, »wir konnten heute in der zweiten Halbzeit zwei Wechsel machen, da kam frisches Blut rein, das hat mich sehr gefreut. Ich denke, dass unser Kader jetzt optimal ist.«

Besonders Hernandez, der zum ersten mal in der Münchner Startelf stand, deutete an, wie er das Spiel des Rekordmeisters bereichern kann, mit seiner enormen Präsenz, mit seiner starken Physis und den fußballerischen Fähigkeiten.

Mit dem für 80 Millionen Euro von Atlético Madrid erworbenen Franzosen probierte das Ensemble des Trainers Niko Kovac immer wieder eine neue Spieleröffnungsvariante aus: Statt zu zweit initiierten sie etliche Angriffe mit drei Leuten vor dem eigenen Strafraum, wohl als Reaktion auf das aggressive Anlaufen, mit dem immer mehr Bundesligatrainer vermeintlich überlegene Kontrahenten zermürben wollen. »Das sind Betriebsgeheimnisse, diese Spieler können alle Systeme spielen«, wich Salihamidzic der Frage nach diesem Detail aus, aber es ist schon klar, dass während der Sommerpause nicht nur der gefeierte BVB erfolgreich an der Behebung einiger Probleme gearbeitet hat, auch der FC Bayern macht Fortschritte.

Sogar eine Vertragsverlängerung mit ihrem Superstar Lewandowski scheinen sie inmitten der ganzen Transfermarktaufregung der vergangenen Wochen vorbereitet zu haben. »In den nächsten Tagen kann sich viel entscheiden«, sagte der Stürmer, die Ausweitung des Kontraktes bis 2023 sei »zu 95 Prozent« sicher. Offensichtlich glaubt er wieder daran, mit diesem FC Bayern doch noch irgendwann die Champions League gewinnen zu können. Aber dazu muss er selbst natürlich auch mal im April in Topform spielen und einige der ganz großen internationalen Partien mit entscheiden, was ihm in seinen fünf Jahren als Münchner bisher nicht gelungen ist. Er wird wohl noch vier weitere Jahre an diesem Projekt arbeiten und hat mit Coutinho nun einen weltbekannten neuen Partner dafür.

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