Noch ein AfD-Lehrerpranger

Trotz Flops in anderen Ländern: Petzportal im Nordosten eingerichtet

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Lernen aus Fehlern der Vergangenheit und bitteren Erfahrungen kann oder will die AfD offensichtlich nicht. Das zeigt ein Blick nach Mecklenburg-Vorpommern. Obwohl die Rechtsaußenpartei in anderen Bundesländern mit ihrem Petzportal gegen Lehrer gescheitert ist, hat sie jetzt ein solches im Nordosten aus dem Hut gezogen.

Zur Erinnerung: Ende 2018 hatten die Rechtspopulisten Internetauftritte gestartet, in denen sie Schülerinnen und Schülern und auch Eltern die Möglichkeit gibt, Lehrerinnen und Lehrer anzuschwärzen. Solche, die laut AfD-Sprech gegen ihre Neutralitätspflicht im Unterricht verstoßen. Im Klartext: über jene Partei oder Äußerungen ihrer Politiker kritisch diskutieren. Die Reaktion auf das Petzangebot war offenbar nicht so, wie es sich seine Erfinder gewünscht hatten.

Beispiel Niedersachsen: Innerhalb von sieben Monaten hatte die Partei gerade mal drei »Fälle« an die Schulbehörde weitergeleitet, die Nutzer des Portals gemeldet hatten. Wie viele Meldungen im zweitgrößten Bundesland bei der AfD eingegangen waren, mochte ihr bildungspolitischer Sprecher im Landtag, Harm Rykena, nicht sagen. Er beschränkte sich auf »sehr viele«; womöglich waren es peinlich wenige. In Sachsen und Bremen seien »gar keine« Meldungen eingegangen, so die Kultusbehörden. Und nicht nur in Hamburg hatten »Melder« die AfD gehörig vergackeiert mit spaßigen »Anzeigen«, etwa gegen die von Wilhelm Busch gezeichnete Witzfigur Lehrer Lämpel, der die Schüler Max und Moritz nicht korrekt unterrichte.

Gar nicht spaßig findet Mecklenburg-Vorpommerns Kultusministerin Bettina Martin (SPD) den Vorstoß der Rechtsaußen. Mit dem »Lehrer-Pranger«, betont sie, würden Schülerinnen und Schüler sowie ihre Eltern zum Denunziantentum angestachelt. Neutralität im Unterricht heiße nicht, dass in der Schule nicht über Politik diskutiert werden darf. Zu solchen Diskussionen gehöre es auch, betont Martin, »öffentliche Äußerungen einzelner Personen oder Gruppierungen, die beispielsweise politisch oder religiös motivierte Hetze, Aufrufe zur Gewalt oder bewusste Falschmeldungen beinhalten, im Unterricht kritisch zu reflektieren«.

Kritische Reflexion ihrer Äußerungen passt der AfD bekanntlich nicht. Deshalb schuf sie den »Internetpranger«, wie Mecklenburg-Vorpommers SPD-Fraktionschef Thomas Krüger das - auch von der CDU scharf kritisierte - Portal nennt. Es diene allein dem Denunzieren und erinnere fatal an Methoden von Nazis und Stasi, gibt der Politiker zu bedenken. Mit dieser Aktion belege die »angebliche AfD« wieder einmal, wofür sie stehe: Spaltung, Aufwiegelung und Denunziantentum.

Unerträglich sei es in diesem Zusammenhang, unterstreicht Krüger, dass der Bildungsausschuss des Landtages von einem Mitglied der AfD-Fraktion geleitet wird: von Jörg Kröger. Der habe bereits im vergangenen Jahr die Hetzportale verteidigt. »Ich fordere ihn dazu auf, von seinem Amt zurückzutreten«, unterstreicht Thomas Krüger. Wer die Gesellschaft spalten wolle, dürfe keinen Ausschuss leiten, »der dafür Verantwortung trägt, wie Kinder ausgebildet und auf die Zukunft vorbereitet werden«.

Unterstützt wird SPD-Fraktionschef Krüger in seiner Rücktrittsforderung von der Linksfraktion. Deren Vorsitzende Simone Oldenburg konstatiert: »Auch mit ihrem Petzportal stellt die AfD unter Beweis, dass sie von Bildung so viel Ahnung hat wie ein Schwein vom Stabhochsprung.« Dummheit, Hass und Menschenfeindlichkeit in dieser Partei hätten das Maß des Erträglichen längst überschritten.

Die Landesvorsitzende der LINKEN im Nordosten, Wenke Brüdgan, sieht in dem »Online-Pranger« ein Instrument, auf dem solche Lehrer gemeldet werden können, »die nicht das rassistische und völkisch-nationalistische Weltbild der Rechten teilen«. Die AfD wolle an den Schulen ein Klima der Angst erzeugen, und sie schrecke nicht einmal davor zurück, Kinder für ihre Zwecke zu missbrauchen, so die Vorsitzende.

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