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  • LINKE nach den Landtagswahlen

»Wir brauchen jetzt einen Neuanfang!«

Bartsch: Müssen Grundfragen zur Strategie in der LINKEN stellen / Pellmann: Müssen wieder »Kümmerer« und »greifbar« werden

  • Lesedauer: 4 Min.

Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg - aus Sicht der Linkspartei endeten sie in einem Desaster für die Sozialisten. In beiden Ländern verlor die Partei massiv an Zustimmung. Neben vielfach zu hörender Ratlosigkeit sind am Sonntagabend auch erste Stimmen vernehmbar, die eine grundsätzliche Strategiedebatte für nötig halten.

Diese Forderung wird etwa vom Fraktionschef der LINKEN im Bundestag, Dietmar Bartsch, erhoben. »Wir müssen ein paar Grundfragen zur Strategie in der LINKEN stellen und beantworten«, sagte Bartsch den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. »Offensichtlich werden wir nicht mehr als die erste Adresse der Ostinteressen-Vertretung angesehen«. Für das starke Abschneiden der AfD auf der anderen Seite machte Bartsch die Bundesregierung mitverantwortlich: »Die Politik der Koalition in Berlin trägt wesentliche Verantwortung für das Erstarken dieser Partei«, sagte er.

LINKEN-Chef Bernd Riexinger sucht indes nach Ursachen für das schlechte Abschneiden seiner Partei. »Wir hatten zum Schluss eine Mobilisierungsschwäche und sind wohl der zugespitzten Situation zum Opfer gefallen«, erklärte er dem Fernsehsender Phoenix. Die LINKE sei es offensichtlich nicht gelungen, bei gestiegener Wahlbeteiligung die alten Wähler zu halten oder gar neue zu finden.

Die Parteivorsitzende Katja Kipping erklärte in der ARD auf die Frage, ob die LINKE ihre Position als Partei des Ostens an die AfD verloren habe: »Nein, das haben wir nicht.« Im Osten habe sich 30 Jahre etwas »in besonderer Art und Weise« ausgetobt, was den Rechten den Boden bereitet habe: der Marktradikalismus. Dieser erziehe Menschen dazu, den Ellenbogen einzusetzen. »Und von dieser Saat profitiert jetzt leider die AfD«, so Kipping.

Auf die richtigen Themen gesetzt?

In den betroffenen Landesverbänden herrscht am Wahlabend große Ernüchterung und Enttäuschung. »Es ist eine Katastrophe, die wir da eingefahren haben. Das Ergebnis kann uns in keinster Weise zufrieden stellen«, so der Spitzenkandidat der sächsischen LINKEN, Rico Gebhardt, gegenüber dem MDR. »Ich bin natürlich auch persönlich enttäuscht. Wir haben einen engagierten Wahlkampf gemacht. Wir haben über die Themen geredet, wo wir der Meinung waren, es interessiert die Leute: Öffentlicher Nahverkehr, Gemeinschaftsschule, Nahversorgung. Es ist uns immer gespiegelt worden, dass das wichtig ist. Jetzt haben wir ein Ergebnis, mit dem müssen wir in den nächsten Tagen umgehen.«

Der Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann zeigte sich besorgt, »dass jeder Vierte in Sachsen rechtsextrem, beziehungsweise Rechtsaußen gewählt hat«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur nach Veröffentlichung der ersten Hochrechnungsergebnisse im Leipziger Rathaus. Nun gelte es, die Ursachen für den Stimmenverlust der LINKEN zu analysieren.

Man werde sich die Frage stellen müssen, ob die Partei die richtigen Themen gesetzt habe, so Pellmann. Die LINKE müsse wieder »Kümmerer« und »greifbar« werden. Der Leipziger LINKE-Direktkandidat Adam Bednarsky nannte das Ergebnis »eine Situation, die völlig unbefriedigend ist«. Es sei »völlig fatal«, so der Leipziger Stadtrat. Der Leipziger Linke-Direktkandidat nannte das Ergebnis »eine Situation, die völlig unbefriedigend ist«.

Haben zu wenig mit den Menschen geredet

Auch aus Brandenburg gab es Stimmen, die einen Kurswechsel der Partei forderten. Brandenburgs Sozialministerin Susanna Karawanskij bezeichnete das Abschneiden ihrer Partei bei der Landtagswahl als »bitteres Ergebnis«. »Klar ist, dass es auf jeden Fall ein Weiter so nicht gibt«, sagte sie am Sonntag im rbb. In den vergangenen Wochen und Monaten habe die LINKE einen engagierten Wahlkampf geführt. Nach Verlusten bei Europa- und Kommunalwahlen habe die Partei versucht, für eine Trendwende zu sorgen und andere Akzente zu setzen. Karawanskij betonte aber, dass das an manchen Stellen wahrscheinlich zu spät gewesen sei.

Kathrin Dannenberg, Spitzenkandidatin der brandenburgischen LINKEN, zeigte sich in einer ebenfalls enttäuscht. »Wir haben Politik von oben gemacht, wir waren zu wenig in den Regionen, haben zu wenig mit den Menschen geredet«, räumte sie in der ARD ein. Was die soziale Frage und die soziale Spaltung betreffe, seien die Menschen nicht erreicht worden.

Die LINKE in Mecklenburg-Vorpommern sieht nach den immensen Zugewinnen der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg die Demokratie in Gefahr. Neue Ideen würden gebraucht, gegebenenfalls eine Minderheitsregierung, hieß es von den Landesvorsitzenden Wenke Brüdgam und Torsten Koplin. Die Ergebnisse der LINKEN in beiden Ländern seien nicht befriedigend. Sie seien für die Partei in MV Ansporn, das linke Profil zu schärfen und den Menschen zu beweisen, warum die LINKE gebraucht wird.

Hart ins Gericht mit seiner Partei ging der Rostocker Sozialsenator Steffen Bockhahn. Trotz engagierter Wahlkämpfe hätten zwei der stärksten Landesverbände verloren, kritisiert Bockhahn auf Twitter und meint: »Da stimmt was mit dem Profil der LINKEN nicht.« Der Politiker erklärte, verantwortlich für »dieses Desaster« seien die beiden Parteivorsitzenden Kipping und Riexinger. »Sie haben ihre Zukunft hinter sich. Wir brauchen jetzt einen Neuanfang!« rdm mit Agenturen

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