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Liebeserklärung an Hartz IV
Arbeitsminister Hubertus Heil lobt am »Tag der Jobcenter« die Arbeit der Mitarbeitenden und skizziert Reformvorschläge
Am 17. Oktober 2003 beschloss der Bundestag mit 306 Ja-Stimmen, die Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zu Hartz IV zusammenzulegen. Eine der damaligen Stimmen kam von SPD-Politiker Hubertus Heil. Mittlerweile ist Heil Arbeitsminister und beschäftigt sich wieder mit dem Thema. Am »Tag der Jobcenter«, einer Fachtagung für Führungspersonal der Einrichtungen, nannte er am Dienstag erste Eckpunkte, wie er die Grundsicherung weiterentwickeln will. Ex-Parteichefin Andrea Nahles hatte im vergangene Herbst angekündigt, die Partei werde »Hartz IV hinter sich lassen«.
Davon ist nicht viel übrig geblieben. Arbeitsminister Heil sagte, er wolle »das System weiterentwickeln«. Entsprechend bekannte er sich vor fast 1000 Jobcenter-Chefinnen und -Chefs in weiten Teilen zu den Arbeitsmarktreformen. Die Formel des »Forderns und Förderns« sei »vom Prinzip her richtig«, allerdings »vom Ton her nicht mehr ganz angemessen.« Stattdessen kündigte Heil ein, dass er »Ermutigen« mehr in den Fokus stellen will. Fordern und Ermutigen, statt Fordern und Fördern also? Denn konkret wurde der Arbeitsminister nicht, wie er sich das Ermutigen vorstellt.
Dazu passt, dass Heil die Sanktionen nur etwas abmildern will. Kritik übte er vor allem daran, dass auch die Miete gekürzt werden kann. »Ich will nicht, dass künftig die Kosten der Unterkunft gestrichen werden können«, so Heil. Das bringe »überhaupt nichts«. Kritik daran, dass der Regelsatz auf Null Euro gekürzt werden kann, übte er dagegen nicht. Die verschärften Sanktionsregeln für unter 25-Jährige will er zudem streichen und sie an die der übrigen Hartz-IV-Empfänger*innen anpassen. Derzeit wird unter 25-Jährigen schon beim zweimaligen Regelverstoß der gesamte Hartz-IV-Satz inklusive des Mietzuschusses gestrichen. Außerdem deutete Heil an, dass er Ausnahmen für psychisch Kranke schaffen will. »Ich habe junge Leute kennen gelernt, die psychisch krank und gar nicht mehr in der Lage waren, Briefe zu öffnen.« Hier müssten Lösungen gefunden werden.
Reformen helfen Betroffenen nicht
Insgesamt dürften seine Ideen vor allem einigen wenigen Personengruppen, die vom derzeitigen System besonders hart getroffen werden, kleine Erleichterungen bringen. Eine der Personengruppen dürften Kinder von Erwerbslosen sein. Hier erklärte der Arbeitsminister, dass er am 20. September im Zuge der Vorstellung der Ergebnisse seines einjährigen »Bürgerdialogs« ein konkretes Konzept vorlegen werde. »Kinder in Bedarfsgemeinschaften sind keine kleinen Langzeitarbeitslosen«, sagte Heil.
Zudem stellte Heil Entbürokratisierungen und Änderungen bei den Eingliederungsvereinbarungen in Aussicht. Das Ziel, so der Arbeitsminister: »Die Akzeptanz dieses Systems in der Bevölkerung erhöhen.«
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