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- LINKE nach der Wahl
Gefühlte Kaltherzigkeit
Andreas Fritsche sieht noch keine Antwort auf den Rechtsruck
Hat sich die LINKE auf gebildete Hipster in den Metropolen konzentriert, bei der Hilfe für Flüchtlinge die einheimische Bevölkerung vergessen und damit in Brandenburg die Wahlniederlage vom 1. September verschuldet? Nein, hat sie nicht. Die Vorstellung allein sorgt für eine gewisse Belustigung. Denn wo sollte außerhalb von Potsdam eine Metropole sein? Cottbus erfüllt mit gerade einmal 100.000 Einwohnern noch die Mindestanforderung an eine Großstadt, ist aber mit Verlaub nicht hipp. Ansonsten wohnen die rund 2,5 Millionen Einwohner des Bundeslandes in kleineren Kommunen.
Brandenburgs LINKE hatte versprochen, zugunsten der Flüchtlinge nicht anderswo zu kürzen - und dieses Versprechen hat Finanzminister Christian Görke gehalten. Über soziale Ungerechtigkeit und über die Benachteiligung der Ostdeutschen hat Spitzenkandidat Sebastian Walter im Landtagswahlkampf landauf, landab gesprochen. Auch das Wahlprogramm liefert keine Anhaltspunkte für irgendeinen Verdacht, die LINKE habe ihre Ideale verraten und keinen Blick mehr für soziale Not.
Was allerdings stimmt: Viele Bürger haben das Gefühl, dass die LINKE sich nicht mehr so kümmert, wie sie es einmal getan hat. Dass sie auch nicht mehr den Mut aufbringt, den Kapitalismus scharf zu attackieren und den Sozialismus in den Farben der DDR gegen Verleumdungen zu verteidigen. Darüber muss unbedingt nachgedacht werden. Außerdem hat sich die Auffassung, die Flüchtlinge würden bevorzugt, es werde langsam zu viel mit den Ausländern und der Islam übernehme schrittweise Deutschland, bis in die Reihen der Linkspartei hinein ausgebreitet. Mit Fakten lässt sich dagegen wenig bis nichts ausrichten.
Wie also will die LINKE reagieren? Wie will sie die Herzen der Menschen zurückgewinnen, die sich von ihr nicht mehr verstanden fühlen? Die Antworten fallen nicht leicht. Aber sie müssen gefunden werden.
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