- Wirtschaft und Umwelt
- Lieferkettengesetz
Wirtschaft soll Verantwortung übernehmen
Ein Bündnis aus 64 Organisationen fordert die Bundesregierung auf, deutsche Firmen mit einem Lieferkettengesetz zur Einhaltung von Menschenrechten zu verpflichten.
»Wer Schäden anrichtet, muss Verantwortung übernehmen.« Mit diesem schlichten Satz brachte Johanna Kusch, Sprecherin der »Initiative Lieferkettengesetz« es bei der Vorstellung des Bündnisses aus 64 Organisationen am Dienstag in Berlin auf den Punkt. Zusammengetan haben sich Gewerkschaften, Menschenrechtler, kirchliche, Klima- und Entwicklungsorganisationen. Sie wollen gemeinsam politischen Druck aufbauen, um die Bundesregierung zu bewegen, ein Lieferkettengesetz einzuführen. Damit wären Unternehmen verpflichtet, Sorgfaltsmaßnahmen zu ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen zu vermeiden. Tun sie dies nicht, könnten sie haftbar gemacht werden.
Beispiele für die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes gebe es genügend, so das Bündnis und erinnerte an den Brand am 11. September 2012 in der pakistanischen Textilfabrik Ali Enterprises, bei dem knapp 300 Arbeiter*innen starben und Hunderte verletzt wurden. Die Fabrik produzierte zu dem Zeitpunkt für das deutsche Unternehmen KiK. Im Januar diesen Jahres wurde eine Klage der Betroffenen vor dem Landgericht Dortmund abgelehnt. Gerade diese Entscheidung zeige, dass Unternehmen keine Konsequenzen befürchten müssten, so Rechtsexpertin Kusch. Ähnlich sei es in Fällen ausbeuterischer Kinderarbeit, moderner Sklaverei bei der Rohstoffgewinnung oder zerstörten Regenwäldern - bis zu 70 Prozent aller Menschenrechtsverletzungen gingen auf die Wirtschaft zurück, erklärte Pirim Spiegel, Geschäftsführer der kirchlichen Organisation Misereor.
Ein Lieferkettengesetz wird in der Bundesregierung bereits diskutiert. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) etwa machte am Montag bei der Vorstellung des Textilsiegels »Grüner Knopf« in Berlin keinen Hehl daraus, dass er ein Lieferkettengesetz für notwenig erachtet und sich dabei von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) unterstützt sieht. Auch einige Unternehmen sprechen sich für eine gesetzliche Regelung aus. Der Großteil der Wirtschaft jedoch verweigert sich. »Wir müssen uns endlich von dieser Unternehmenshörigkeit verabschieden«, forderte Marion Lieser, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende der Entwicklungsorganisation Oxfam Deutschland.
Derzeit werden 1800 deutsche Unternehmen im Rahmen des »Nationalen Aktionsplanes Wirtschaft und Menschenrechte« zur Einhaltung menschenrechtlicher Standards bei der Produktion im Ausland befragt. Wenn im Ergebnis weniger als die Hälfte der Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachkommen, will die Bundesregierung gesetzlichen Maßnahmen prüfen.
»Es geht nicht um Zahlen und Proportionen, sondern um Menschenrecht und Menschenleben«, kritisierte Spiegel. Alle Unternehmen müssten sich an Sorgfaltspflichten halten. Deshalb fordere das Bündnis ein Lieferkettengesetz unabhängig von den Ergebnissen. »Es geht um diejenigen, die Menschenrechte nicht einhalten, egal wie viele Unternehmen das sind«, sagte Kusch.
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