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- Die Toten Hosen
Der Robert Habeck des Klassenfahrtgelages
Wolffs Müllabfuhr setzt sich in dieser Woche mit den Toten Hosen und ihrem Frontmann Campino auseinander
In Zeiten von Nazimorden und Faschistenwahlerfolgen vergisst man so einiges. Zum Beispiel, welch grauenhafter Mensch auch dieser Campino ist. Zum Glück gibt es aber den »Express«, der einen per Interview erinnert, nein: mahnt. Schon der kleine Vorspann! »In seiner Berliner Zweitwohnung ist Campino irgendwie nicht zum Frühstücken gekommen, deshalb stürzt sich der Sänger der berühmtesten Düsseldorfer Söhne sogleich auf das Tellerchen mit Amaretto-Kekschen, das sie im Hotel zum Kaffee reichen.« Ja, so stellt man sich das Leben dieses greisen Juso-Punks vor. Aber was treibt das Amaretto-Krümelmonster aus seiner Berliner Zweitwohnung? »Der Sänger der Toten Hosen ist hier, um über ›Alles ohne Strom‹ zu sprechen. Die Band nahm das Unplugged-Album im Sommer … auf, und man kann sagen, die Spielfreude steckt an.« Das kann man sagen, gewiss. Worte bedeuten ja ohnehin längst nichts mehr.
»Wir haben uns vorgestellt, wir sind eine Balkangruppe, die für Gelegenheiten wie Hochzeitungen, Beerdigungen und runde Geburtstage gemietet werden kann. Die Herausforderung war, auf die klassischen Waffen einer Rockband, laute Gitarren etwa, zu verzichten …, musikalisch differenzierter zu sein, trotzdem Gas zu geben und einen Abend voller Energie abzuliefern.« Da steht Hochzeitungen, ein Tippfehler, klar - doch kann alles passieren, wenn man sich vorstellen muss, wie die Toten Hosen als »Balkangruppe« musikalisch differenziert Gas abliefern und laut Interviewer »viele Bläser dabei« haben, es »nach Ska und Reggae« klingt und Campino noch hinzufügt: »Auch der Akkordeonspieler bringt einen Schwung rein, der mir total Spaß macht.« Ja, humptatäterä, da fragt auch ein »Express-Mann«: »Sind die Toten Hosen insgeheim eine Volksmusik-Truppe?« Haha: insgeheim.
»Tatsächlich ist uns Volksmusik nicht fern - aber ... nicht die verwässerte, verschmuste, schlagerartige Form, die in Deutschland üblich ist, sondern eher das, was man zum Beispiel in Irland darunter versteht.« Der unschmusige Campino - so hart wie ein Irish-Pub-Quiz. Wenn auch nicht mehr der alte Junge. Zwar »geht es uns immer um den Wunsch, ... den Geist einer Klassenfahrt wieder aufleben zu lassen«, aber »du siehst, dass mancher eine Persönlichkeit geworden ist, die er zu Schulzeiten noch nicht war«. Im Gegensatz zu Campino, der zwar »nicht mehr derselbe Typ« ist, aber trotzdem »in meiner Biografie keinen großen Bruch erkennen« kann. Zu Recht! Denn das, was Wiglaf Droste schon in den 90ern so beschrieb: »... immer ganz der Wohnstubenpunk für alle, die nicht wissen, was Punk war, der etwas rotzlöffelige Schwiegersohn für die aufgeklärte, liberale Familie von heute« - das ist er stets geblieben, dieser Robert Habeck des Klassenfahrtgelages.
Aber war er nicht mal richtig Punk, der halbe Engländer, der jetzt erst auch offiziell Brite ist? »Meine Eltern wollten das lange nicht, da sie befürchteten, ich würde mich als englischer Staatsbürger vor der Bundeswehr drücken. Mein Vater war sehr konservativ und darauf bedacht, dass ich da hingehe. Habe ich tatsächlich auch gemacht, aber nur für ein paar Monate.« So hat der Teilzeitrebell doch noch das Internationale entdeckt: »Ich habe vieles von dem, was meine Heimat prägt und ausmacht, inzwischen liebgewonnen ... Deutschland ist um einiges vielfältiger, als ich früher gedacht habe. Das Land hat eine wahnsinnige Bandbreite, an Natur wie an Menschen. Die Leute bei uns sind, im Verhältnis zu anderen Ländern, ziemlich selbstkritisch und zum großen Teil auch tolerant. Insgesamt haben wir eine gesunde Einstellung zu uns selbst und zu unserer Nation. Das Bewusstsein gegenüber unserer Geschichte ist immer noch in großen Teilen da und wird bis heute berücksichtigt. Manche Politiker versuchen das wegzustampfen, aber im Vergleich zu anderen Ländern sind wir ordentlich aufgestellt.«
Ja, nach Nazimorden und Faschistenwahlerfolgen vergisst man manchmal, welch grauenhafter Mensch auch dieser Campino ist.
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