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Warum soll das Christkind bitte eine schneeweiße Hautfarbe haben?
Benigna Munsi ist das neue Nürnberger Christkind und geht souverän mit rassistischen Anfeindungen um
Meistens geben sich AfD-Vertreter ein wenig Mühe, ihr rassistisches Weltbild zu verkleiden und ihre Hetze wie ein Argument zu tarnen. Regelmäßig aber bricht der nackte Hass auf die multikulturelle Gesellschaft aus der Partei heraus, wie jetzt im Fall der Wahl des neuen Nürnberger Christkindes. Eine Jury entschied letzte Woche, dass Benigna Munsi das Ehrenamt in den nächsten zwei Jahren übernimmt. Die wichtigste Aufgabe der 17-Jährigen ist die Eröffnung des weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarktes.
Dass die Jugendliche das macht, ringt einem Respekt ab. Ihr Terminplan ist schon jetzt rappelvoll: Sie besucht nicht nur das Gymnasium, sondern spielt Theater, singt im Kirchenchor, ist Ministrantin, beherrscht die Oboe und spricht vier Sprachen. Das alles hielt den AfD-Kreisverband München-Land aber nicht ab, auf Facebook gegen die junge Frau zu hetzen. »Nürnberg hat ein neues Christkind. Eines Tages wird es uns wie den Indianern gehen«, hieß es in einem inzwischen gelöschten Beitrag, in dem auch ein Foto Munsis zu sehen war.
Der Hintergrund: Munsis Vater stammt aus Indien, ihre Hautfarbe ist daher etwas dunkler als sich abendländische Rassisten in ihren Wahn das Christkind wünschen. In ihrer Vorstellung hat diese besonders in Süddeutschland verbreitete Symbolfigur der Weihnachtszeit gefälligst ein weißes Kind mit blonden Locken zu sein.
Wie absurd das ist, zeigt ein anderes Beispiel der Christenheit, durch das die selbsterklärten Abendlandretter vom Glauben abfallen müssten. Die in vielen Kirchen hängenden Abbilder von Jesus als einen langhaarigen Mitteleuropäer haben kaum etwas mit der Realität vor über 2000 Jahren zu tun. Vieles spricht laut Forschern dafür, dass Männer, die zur Zeit von Jesus im heutigen Norden Israels lebten, eine eher dunkle Haut- und Haarfarbe hatten.
Am Ende ist das aber eigentlich egal. Munsi geht mit den rassistischen Anfeindungen souverän um und sagt: »Es tut mir leid für die Menschen, die mit so einer Sicht durch die Welt gehen und sich nicht auf das fokussieren können, was wirklich wichtig ist.«
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