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Koalition einigt sich auf Grundrente
Kompromiss sieht »umfassende Einkommensprüfung« als Voraussetzung vor
Klara Geywitz, Mitbewerberin neben Olaf Scholz für den SPD-Parteivorsitz, hatte der Bundeskanzlerin zuvor vorgeworfen, die Verhandlungspartner im Koalitionsausschuss durch gezielten Schlafentzug mürbe zu verhandeln. Für die Runde am Sonntag traf dies nicht zu. Noch vor nd-Redaktionsschluss verkündeten die drei Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Malu Dreyer (SPD) und Markus Söder (CSU) am späten Sonntagnachmittag das Ergebnis der Verhandlungen über die Grundrente, die seit Monaten auf der Stelle traten.
Der feine Unterschied heißt nun »umfassende Bedarfsprüfung« statt »Bedüftigkeitsprüfung«, die einer Zahlung der Grundrente für Menschen vorausgehen soll, die wenigstens 35 Jahre gearbeitet haben. Ein Freibetrag sorgt dafür, dass oberhalb kein Anspruch auf die Rente geltend gemacht werden kann. Die Prüfung erfolgt automatisch in Kooperation von Rentenversicherung und Finanzamt. Das SPD-geführte Sozialministerium von Hubertus Heil hatte einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem keine Prüfung vorgesehen war. Nutznießer der Rente sollen ja ohnehin armutsgefährdete Menschen sein, die trotz langer Arbeitsjahre nicht genug Rente erhalten. Die Grundrente sorgt nun dafür, dass Berechtigte einen Betrag zehn Prozent über dem Niveau der Grundsicherung erhalten werden, wenn die Regelung 2021 in Kraft tritt. Die Unionsparteien hatten eine Bedürftigkeitsprüfung verlangt. Am Ende setzten sie die Prüfung der Einkommen durch, nicht mehr des Kontoguthabens. Auch Wohneigentum soll außerhalb der Bewertung bleiben.
Mit der »umfassenden Einkommensprüfung« könne die CDU zufrieden sein, meinte Annegret Kramp-Karrenbauer. Auch deshalb, weil parallel vereinbart worden sei, die Förderung betrieblicher Altersvorsorge zu erhöhen. Zugleich sollen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgesenkt werden. Auf den Zusammenhang von sozialen Zielen und Anreiz zu wirtschaftlicher Dynamik wies neben Kramp-Karrenbauer auch Markus Söder hin, der damit die Halbzeitbilanz der Großen Koalition als »komplett« bezeichnete und keinen Grund sah, weiterhin über eine vorzeitige Beendigung der Zusammenarbeit zu reden. Gemeint ist ein Fonds zur Unterstützung »wirtschaftlicher Dynamik«, wie Söder sagte, der einen Umfang von zehn Milliarden Euro haben soll. Auf die Frage nach den Kosten der Grundrente hielten sich die Vorsitzenden unter Hinweis auf den noch unklaren Kreis der Anspruchsberechtigten zurück. Man rechne mit zwischen einer und 1,5 Milliarden Euro, sagte Söder schließlich.
Malu Dreyer drückte ihre Genugtuung über das Verhandlungsergebnis aus. Es handele sich um einen »sozialpolitischen Meilenstein«. Die beschlossenen Maßnahmen seien eine Leistung der Rentenversicherung, die Menschen hätten darauf einen Anspruch und müssten nicht als Bittsteller auftreten. Vier von fünf Beziehern, so Dreyer, werden Frauen sein.
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