Streit um Kohle, Zeit und Geld

Andreas Fritsche über »Ende Gelände« und kein Ende

Die Justiz ist überlastet. Verfahren ziehen sich deshalb lange hin. Es ist angesichts dieser Lage nur vernünftig, Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen, wenn es sich um vergleichsweise geringfügige Vorwürfe handelt. Mal abgesehen davon, was am Montag vor dem Amtsgericht Cottbus dem Angeklagten nachzuweisen gewesen wäre. Das Bündnis »Ende Gelände« meint es prinzipiell gut. Daran gemessen, dass es aus Bündnissicht um den drohenden Untergang der Welt durch eine Klimakatastrophe geht, ist ein Hausfriedensbruch nebst passivem Widerstand gegen Polizisten beim Energiekonzern Vattenfall, dem die Tagebaue und Kraftwerke 2015 noch gehörten, eine Kleinigkeit.

Doch man wird das Gefühl nicht los, es gehe hier gar nicht um den konkreten Fall, zumindest nicht allein darum, sondern vielmehr um Abschreckung versus Ermutigung. »Ende Gelände« hat für den 30. November erneute Blockaden im Lausitzer Braunkohlerevier angekündigt. Doch so viel Solidarität wie im rheinischen Revier erfahren die Aktivisten hier nicht. Bis in die örtliche Umweltszene hinein reicht die Skepsis gegen die kompromisslose Aktionsform der Baggerbesetzung, mit der die Bevölkerung nur verprellt werde.

Schließlich herrscht erstmals ein gesellschaftliches Klima, in dem in der Lausitz der Braunkohleausstieg schon bis 2038 akzeptiert wird, wenn er wie versprochen von massiven Strukturhilfen des Bundes begleitet ist.

Die Formulierung »schon bis 2038« klingt für »Ende Gelände« selbstverständlich wie Hohn angesichts tendenziell steigender Temperaturen und Meeresspiegel. Doch man bedenke die Ausgangslage: Anfang 2009 scheiterte in Brandenburg ein Volksbegehren gegen neue Tagebaue kläglich. Damals forderten sogar die Umweltverbände nur einen Ausstieg bis 2050. Das Datum wurde erst später auf zunächst 2040 und dann 2030 herabgesetzt. Daran gemessen wäre der Ausstieg 2038 wirklich früh.

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