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Zeit zum Loslassen
Aert van Riel zu den SPD-Debatten über die Zukunft der Koalition
Wenn der Entwurf für den Leitantrag an den SPD-Bundesparteitag in seiner jetzigen Form beschlossen wird, ketten sich die Sozialdemokraten zunächst weiter an die Koalition mit der Union. Es ist nur noch von Gesprächen der neuen Parteispitze um Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans mit der Union in den kommenden Wochen und Monaten die Rede. Rote Linien und harte Forderungen sind nicht vorgesehen.
Letztlich würde der SPD-Vorstand entscheiden, ob der Union genug Projekte abgetrotzt wurden, um die Große Koalition fortzusetzen. Die Spitze der Sozialdemokraten, die angesichts schwacher Umfragewerte Angst vor Neuwahlen hat, spielt offenbar auf Zeit. Sie weiß, dass Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Dass hierzulande zeitgleich ein Wahlkampf stattfindet, dem möglicherweise lange Koalitionsverhandlungen folgen werden, ist nahezu ausgeschlossen. Kanzlerin Angela Merkel sieht auch eine mögliche Minderheitsregierung ihrer Union in dieser Phase skeptisch.
Die Vorstellung, dass CDU und CSU den Sozialdemokraten weit entgegenkommen, ist nicht realistisch. Denn an dem Kräfteverhältnis in der Koalition hat sich nichts geändert. Die Konservativen sind der größere Partner. Es drängt sich der Eindruck auf, als hätten sich viele Spitzengenossen in den vergangenen Jahren zu sehr ans Regieren gewöhnt, um nun schnell loslassen zu können. Eine linke Erneuerung der SPD ist aber nur in der Opposition möglich.
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