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Bis die Börsen wieder krachen
Simon Poelchau über Scholz’ Finanztransaktionssteuer
Dass man aus Schaden nicht unbedingt klug wird, zeigt die Geschichte der Finanztransaktionssteuer. Sie sollte die große Lehre aus der Finanzkrise 2007/8 sein. Es dürfe künftig nicht mehr sein, dass die Allgemeinheit für die Rettung maroder Banken zahlen muss, die Finanzakteure müssten an den Kosten der Krise beteiligt, die Märkte stabiler gemacht werden, war sich die Politik zunächst einig. Deswegen brauche es die Finanztransaktionssteuer. Seitdem wurde sie zerredet und zerredet und zerredet, ohne dass sie irgendwann endlich auch mal kam.
Daran ändert auch der Aufschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz nichts. Erstens ist sein Entwurf einer Börsensteuer nicht einmal mehr der bloße Schatten einer wirklichen Finanztransaktionssteuer. Zweitens ist fraglich, ob der SPD-Politiker mit diesem maximal zurechtgestutzten Konzept überhaupt durchkommt. FDP- und Unionspolitiker beschimpfen es schon als einen »weiteren Kreuzzug gegen die Mitte der Gesellschaft« und eine »Aktien-Strafsteuer«. Solche Töne hätten diese Verfechter des Neoliberalismus vor neun oder zehn Jahren nicht gewagt. So sehr ist also die größte Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg schon aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwunden.
Und so macht man letztlich weiter wie bisher, als ob es die Krise nie gegeben hätte - bis die Börsen wieder krachen. Vielleicht folgen Worten dann endlich mal Taten. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall. Sicher ist es nicht.
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