Der Impeachment-Opportunist

Der US-Demokrat Jeff Van Drew ist gegen die Amtsenthebung von Donald Trump und könnte nun Republikaner werden

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Jeff Van Drew wird 2020 zum Testfall werden, ob sich in den politisch hyperpolarisierten USA Opportunismus auszahlt. Der Demokrat aus New Jersey war schon Ende Oktober einer von nur zwei demokratischen Abgeordneten gewesen, die gegen die formelle Einleitung einer Untersuchung zur Amtsenthebung gegen US-Präsident Donald Trump gestimmt hatten. Die Parteiführung tolerierte das, ein paar Abweichler kann sich die Partei erlauben.

Mehr noch, dass konservative Demokraten wie Van Drew bei politisch polarisierenden Themen wie dem »Impeachment«, bei dem nicht die überwältigende Mehrheit der Öffentlichkeit hinter den Demokraten steht, auch gegen die Parteilinie stimmen, wurde und wird vom Parteiestablishment als clevere Politik angesehen, um auch ein paar republikanischer Wähler zu überzeugen und damit Wechselwählerbezirke zu gewinnen.

Van Drews eher ländlicher Bezirk im Süden von New Jersey ist so einer, er wurde die letzten zwei Jahrzehnten von einem Republikaner vertreten. Erst bei den Zwischenwahlen 2018 war es auch die Wut über Donald Trump, die dafür sorgte, dass Van Drew den 2. Bezirk New Jerseys westlich der Casino-Urlauberstadt Atlantic City gewann. Der nationale Demokraten-Kampagnenausschuss DCCC hatte zuvor zugunsten des Zahnarztes interveniert. Das rächt sich nun.

Am Wochenende berichteten US-Zeitungen über eine Umfrage von Van Drews eigenem Team. Die hatte gezeigt, dass viele Demokraten-Wähler im Bezirk vermutlich nicht mehr für Van Drew stimmen würden, wenn dieser beim Impeachment mit »Nein« votiert.

Van Drew steckte in der Zwickmühle: Laut Umfrage war er vermutlich nicht (links-)liberal genug, um die Vorwahl der Demokraten zu bestehen. Eine Zustimmung zum Impeachment erschien ihm zu risikoreich für die folgende allgemeine Wahl in New Jerseys Wahlbezirk 2, den Donald Trump 2016 mit 3,4 Prozent Vorsprung gewonnen hatte - in dem es mittlerweile aber drei Prozent mehr registrierte Demokraten-Wähler gibt. Er entschied sich offenbar für die Flucht zu den Republikanern.

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