Stadtwerke wollen hoch hinaus

Landeseigenes Unternehmen startet mit Solarmodulen auf nd-Gebäude in neue Ausbaustufe

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Für die Berliner Stadtwerke ist es ein Novum. Erstmals errichtet das kommunale Unternehmen derzeit eine Solaranlage nach der sogenannten Hochhausrichtlinie. Die neue Anlage wird derzeit auf dem nd-Gebäude am Berliner Ostbahnhof errichtet. »Das bedeutet, sie ist nicht genehmigungsfrei, sondern es ist ein Bauantrag erforderlich«, erläutert Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe, deren Tochterunternehmen die Stadtwerke sind.

Die Anlage wird nach folgendem Modell betrieben: Nach der vergleichsweise aufwendigen Genehmigung durch die Ämter wird die Anlage durch eine Montagefirma errichtet, danach wird die Photovoltaik-Anlage an den Besitzer der Immobilie verpachtet. »Wir erledigen für 20 Jahre die Betriebsführung mit Wartung und Service«, sagt Natz.

Mit diesem Geschäftsmodell erweitern die Stadtwerke ihr Angebot. Bislang verfolgte das Unternehmen vor allem die Umsetzung sogenannter Mieterstrommodelle. Dabei werden auf Mietshäuser von vor allem Genossenschaften und landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Solaranlagen durch die Stadtwerke in Kooperation errichtet. Die Mieter können danach entscheiden, ob sie den günstigeren Strom des Stadtwerks beziehen möchten, der auf ihrem eigenen Hausdach hergestellt wird. Dass der Mieterstrom günstiger angeboten werden kann, liegt daran, dass bei diesen Projekten für die Stromkunden verschiedene Kostenfaktoren wie beispielsweise die Netzentgelte entfallen, die normalerweise rund ein Viertel des Strompreises ausmachen. Vor mehr als vier Jahren wurde die erste dieser Mieterstromanlagen der Stadtwerke und der Gesobau in Prenzlauer Berg errichtet.

Seitdem ist einiges passiert. Mitte Oktober dieses Jahres wurde im Berliner Stadtteil Kaulsdorf im Bezirk Marzahn-Hellersdorf das größte Mieterstromprojekt Deutschlands in Betrieb genommen. Der Name des Projekts: »Mietersonne Kaulsdorf«. Insgesamt 39 neue Solaranlagen auf 100 Wohngebäuden liefern eine Leistung von 3,4 Megawatt ab. Das reicht, um 1200 Zwei-Personen-Haushalte mit Ökostrom zu versorgen. Dagegen ist die neue Photovoltaikanlage auf dem nd-Gebäude mit 100 Kilowatt-Peak-Leistung, also der Energieleistung bei optimalen Sonnenbedingungen, vergleichsweise klein. Die genutzten Module sind aber deutlich leistungsstärker als jene Solarpanele, die normalerweise auf Häuserdächern genutzt werden. Statt 285 bis 300 Watt Leistung liefern sie jeweils bis zu 335 Watt.

Als Akteur der Energiewende sind die Stadtwerke für den rot-rot-grünen Senat eines der wichtigsten Unternehmen. Da kaum Platz zur Erzeugung von Windenergie in der Metropole vorhanden ist, kann Berlin eigenen Ökostrom nur über Solaranlagen produzieren. Rund 2400 Hektar Dachfläche, das entspricht rund 3600 Fußballfeldern, sind in der Hauptstadt für die Aufstellung von Solaranlagen geeignet. Auch Häuserfassaden können für Photovoltaik genutzt werden. Ein Solarstromanteil von 25 Prozent wäre möglich, das haben Untersuchungen des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesystem vor Kurzem gezeigt. Die Forschungen waren im Rahmen des Masterplans Solarcity durchgeführt worden, dessen Umsetzungskonzept derzeit von Rot-Rot-Grün erarbeitet wird.

Wie die für den Klimaschutz wichtige Energiewende gelingen kann, zeigen die Stadtwerke derzeit indes nicht nur auf dem nd-Gebäude. 2019 brachte mit seinem reichlichen Sonnenwetter insgesamt eine sehr gute Solarernte. »Seit Inbetriebnahme ihrer ersten Solaranlage 2015 auf einem Gesobau-Haus in Pankow hat sich die von den Stadtwerken installierte Solarleistung verhundertfacht«, sagt Stephan Natz. Und bereits jetzt errichte das kommunale Unternehmen mehr neue Solaranlagen als alle anderen Firmen in der Stadt.

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