- Politik
- Donald Trump
USA schickt mehr Soldaten nach Irak
750 zusätzliche Soldaten entsenmdet / Trump macht Iran für Ausschreitungen in Bagdad verantwortlich
Washington. An der US-Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad ist es auch nach der Ankündigung der USA, Hunderte Soldaten zum Schutz zu schicken, zu schweren Zusammenstößen gekommen. Mehrere Hundert Demonstranten verbrachten die Nacht zum Mittwoch vor dem Botschaftskomplex und errichteten Zelte, wie Augenzeugen berichteten. Protestierende entzündeten am Morgen Feuer an der Außenmauer der hochgesicherten Botschaft, irakische und amerikanische Sicherheitskräfte setzten Tränengas gegen die Menge ein.
Am Dienstag war es zu schweren Ausschreitungen an der US-Botschaft gekommen. Nach Beerdigungen von schiitischen Kämpfern, die am Wochenende bei US-Luftangriffen getötet worden waren, hatten sich Demonstranten auf den Weg in die besonders geschützte »Grüne Zone« in der irakischen Hauptstadt Bagdad gemacht. Dort befinden sich zahlreiche irakische Ministerien und internationale Botschaften. Wie Augenzeugen berichteten, wurden die zum Teil in Militäruniform marschierenden Demonstranten von den irakischen Sicherheitskräften an einem Kontrollpunkt vor der US-Botschaft nicht aufgehalten.
Anschließend setzten die Demonstranten mehrere Wachhäuschen und den Empfangsbereich der Botschaft in Brand. Auf TV-Bildern war zu sehen, wie einige Demonstranten auf die Mauern des riesigen Botschaftsgeländes kletterten und dort Flaggen schiitischer Milizen in Irak hissten. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Kampfhubschrauber des Typs »Apache« flogen am Abend über die Menge und feuerten Signalraketen zur Abschreckung ab. Einen kompletten Sturm der diplomatischen Vertretung hat es nach US-Angaben nicht gegeben. Es sei auch keine Evakuierung geplant.
Wegen der jüngsten Spannungen in Irak verlegen die USA mit sofortiger Wirkung 750 zusätzliche Soldaten in die Region. Darüber hinaus stünden weitere Truppen bereit, um in den nächsten Tagen auszurücken, erklärte Verteidigungsminister Mark Esper am Dienstagabend (Ortszeit). Die USA haben derzeit rund 5000 Soldaten im Irak stationiert. Zuvor hatte das US-Militär bereits die Verlegung von rund 100 Marineinfanteristen aus Kuwait eingeleitet. »Die Vereinigten Staaten werden unsere Bürger und Interessen überall auf der Welt schützen«, versicherte der Minister. Die USA machen Iran für die jüngsten Ausschreitungen verantwortlich.
Auslöser der Proteste waren mehrere Luftangriffe der USA auf Einrichtungen der schiitischen Miliz Kataib Hisbollah (Hisbollah-Brigaden) am vergangenen Wochenende. Dabei starben 25 Menschen, 50 weitere wurden verletzt. Die von Iran unterstützte Gruppe wird seit 2009 von den USA als Terrororganisation eingestuft und soll für mehrere Angriffe auf US-Einheiten im Irak verantwortlich sein. Am vergangenen Freitag waren bei Raketenangriffen auf eine irakische Militärbasis in Kirkuk ein dort stationierter US-Angestellter und vier amerikanische Soldaten verletzt worden.
Irakische Regierung kritisiert Vorgehen der USA
Der Angriff rief aber auch scharfe Kritik der irakischen Regierung hervor. Die Kataib Hisbollah ist Teil der sogenannten Volksmobilisierungseinheiten, einer Dachorganisation überwiegend schiitischer Milizen, die im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an vorderster Front gekämpft hatte. Nach dem offiziellen Sieg über den IS in Irak hatte die Regierung angekündigt, die Milizen in die regulären irakischen Truppen einzugliedern. Die Gruppe hatte bereits im Oktober 2017 angekündigt, für ein Ende der US-amerikanischen Präsenz in Irak zu kämpfen.
US-Präsident Donald Trump drohte Iran wegen der Ausschreitungen in Bagdad mit Vergeltung. Jegliche Schäden oder Opfer würden den Iran teuer zu stehen kommen, schrieb Trump am Dienstagabend (Ortszeit) auf Twitter. »Das ist keine Warnung, das ist eine Drohung. Frohes Neues Jahr!«, schrieb Trump. Die Botschaft sei inzwischen wieder sicher, nachdem viele Soldaten und »die tödlichste Militärausrüstung der Welt« rasch dorthin verlegt worden seien, schrieb Trump weiter.
Außenminister Mike Pompeo erklärte, die USA hätten »schnell, vorsichtig und entschlossen gehandelt«, um die Botschaft zu schützen. Er machte »von Iran unterstützte Terroristen« für die Proteste verantwortlich.
Ausschreitungen setzen Trump unter Druck
Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei wies die Anschuldigungen als »absurd« zurück: »Seien Sie (Trump) doch mal logisch, was Sie ja nicht sind, ... Fakt ist, dass die Völker in dieser Region die USA wegen ihrer Verbrechen hassen«, erklärte der Ajatollah am Mittwoch nach Angaben des Staatssenders Irib. Chamenei hat nach der Verfassung das letzte Wort in allen strategischen Belangen des Landes.
Die Zusammenstöße setzen US-Präsident Trump weiter unter Druck. Er wirbt eigentlich damit, die US-Truppen im Nahen Osten nach Hause bringen zu wollen. Angesichts der Spannungen mit Iran sind zuletzt allerdings 14.000 Soldaten zusätzlich in die Region verlegt worden, unter anderem nach Saudi-Arabien, einem Erzfeind des Irans.
Auch im Irak verfügt der Iran über großen politischen Einfluss und steht damit in Rivalität zu den USA. Die US-Regierung geht davon aus, dass der Iran seinen Einfluss auf schiitische Milizen zuletzt gezielt für Angriffe gegen das US-Militär genutzt hat.
Auch das Auswärtige Amt in Berlin hatte Iran zuletzt aufgefordert, seine Politik der »Destabilisierung« zu beenden, da »die steigende Zahl von Angriffen durch nicht-staatliche Milizen« die Stabilität Iraks gefährde. Iran warf Deutschland daraufhin »grundlose Unterstellungen« vor. Deutschland verschließe zugleich die Augen vor den Einmischungen der USA in die inneren Angelegenheiten Iraks, twitterte Außenamtssprecher Mussawi in Teheran.
Die 2009 eröffnete US-Botschaft in Bagdad ist nach US-Angaben die größte Botschaft der Vereinigten Staaten weltweit. Der hochgesicherte Botschaftskomplex ist mit 42 Hektar in etwa so groß wie der Vatikan. dpa/nd
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!
In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!