Stellenboom fördert Integration

300 Arbeitsplätze für Geflüchtete entstehen in Berlin pro Monat - Trend soll sich fortsetzen

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Integration von Geflüchteten braucht Zeit. Aber das Bundesland Berlin ist auf dem besten Weg, die zugezogenen Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Das belegen neue Zahlen der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, die am Montag der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. »Uns gelingt es, pro Monat rund 300 Geflüchtete in Beschäftigung zu integrieren«, sagt Bernd Becking, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion. Demnach haben nach zwei, drei Jahren in Berlin die meisten Geflüchteten erfolgreich die Sprach- und Integrationskurse absolviert. Dass neue Asylsuchende sofort in Arbeit kommen, ist nach Beckings Erfahrung allerdings eher die Ausnahme. Im Juli 2019, das sind die letzten verfügbaren Zahlen, hatten etwa 15 000 Geflüchtete in Berlin eine sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle. Wie nachhaltig die »Erfolgsstory« der Integration von Geflüchteten in der Hauptstadt ist, zeigen auch Zahlen der Bewerber für die duale Ausbildung: Rund 2600 Bewerber für die Ausbildungsplätze haben Fluchterfahrungen gemacht.

Berlins Arbeitssenatorin Elke Breitebach (LINKE) begrüßt diese Entwicklung. »Das zeigt, dass die Anstrengungen fruchten, Geflüchtete in Ausbildung und Arbeit zu bringen«, sagt sie zu »nd«. Man dürfe aber in den Bemühungen nicht nachlassen. Außerdem müsse man gucken, was das für Jobs sind. Schließlich liege der rot-rot-grüne Schwerpunkt auf der Schaffung guter Arbeitsplätze, so Breitenbach.

Bei näherer Betrachtung des Arbeitsmarktes gibt es durchaus Schattenseiten. Negativ ist sicherlich, dass immer noch 28 500 Geflüchtete in Berlin auf Arbeitsplatzsuche und vom Jobcenter noch zu vermitteln sind. Wobei auch jene Geflüchteten dazu zählen, die derzeit in sogenannten Qualifizierungsmaßnahmen stecken. Und trotz einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung müssen viele Geflüchtete weiter Grundsicherung beziehen - also Transfergeldleistungen wie Hartz IV. Andere müssen aufstocken, weil ihr Lohn angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten und rasant steigender Mieten nicht ausreicht. Und obwohl viele Geflüchtete, die einen Job haben, Sozialabgaben abführen, sind sie häufig in sogenannten Helferjobs untergekommen. Die Top-3-Branchen für Geflüchtete sind das Gastgewerbe (16 Prozent), das Wach- und Sicherheitsgewerbe (15 Prozent) und der Handel (10 Prozent).

Angesichts der ungewissen wirtschaftlichen Aussichten sind jedoch gerade die sogenannten Helferstellen besonders bedroht. Deutschlandweit steigt die sogenannte Ausländerarbeitslosigkeit. Das hängt auch mit neuen Bundesgesetzen zusammen, nach denen die Bedingung für die Teilnahme an Sprachkursen ist, dass sich die Betroffenen vorher beim Jobcenter anmelden müssen. Eine der großen Herausforderungen ist es deshalb, die sogenannten Helfer frühzeitig weiterzuqualifizieren, damit sie als Fachkräfte leichter eine neue Stelle auf dem Arbeitsmarkt finden können. »Große Hoffnung setzen wir auf das Qualifizierungs-Chancengesetz. Qualifizierung ist das Gebot der Stunde in jeder Hinsicht«, betont Bernd Becking. Der Chef der Regionaldirektion verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass auch kleine Unternehmen eine Förderung für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter erhalten können.

Hoffnung für einen weiteren Anstieg der Beschäftigungszahlen in der Region bieten 2020 auch zwei neue Entwicklungen. Zum einen wird erwartet, dass der Aufbau der Tesla-Fabrik in Grünheide im Berliner Umland auch Auswirkungen auf den Berliner Arbeitsmarkt haben dürfte. Erste Annoncen für Stellen wurden bereits von Tesla ausgeschrieben, die Regionaldirektion ist derzeit dabei, die Angebote zu sichten und zu bewerten. »Die Ansiedlung von Tesla bietet eine riesige Chance und sehr gute Potenziale für diejenigen, die gerade ihren Arbeitsplatz verloren haben«, sagt Becking.

Zum anderen führt auch die geplante Eröffnung des Großflughafens BER in Schönefeld, die für Ende Oktober dieses Jahres angekündigt ist, zu Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt. Bekannt ist der Arbeitsagentur, dass nicht alle Mitarbeiter vom Flughafen Tegel nach der BER-Eröffnung mit nach Schönefeld umziehen wollen. »Es wäre fatal, wenn der Start des BER durch fehlende Fachkräfte gehemmt werden würde«, sagt Becking. »Wir arbeiten mit Hochdruck daran, für die Unternehmen, die am BER zum Einsatz kommen, Beschäftigte zu finden.«

Die Arbeitsagentur sieht also für das Jahr 2020 durchaus einige Herausforderungen für den Jobmarkt in der Hauptstadt. Doch insgesamt gilt laut Becking: »Der Arbeitsmarkt in Berlin verzeichnet eine robuste, stabile Entwicklung, die andere Regionen in Deutschland sich wünschen würden.«

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