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Rummelsburger Bucht: Protestwelle gegen Ocean Berlin
Der Protest gegen das Riesenaquarium geht auch nach dem Richtfest weiter
Hohe Kräne überragen die Großbaustelle an der Rummelsburger Bucht. An einem von ihnen hängt ein Kranz. Er erinnert an das Richtfest für das Riesenaquarium »Ocean Berlin«, das dort am vergangenen Wochenende gefeiert wurde. Am Samstag organisierte das Unternehmen Coral World zwei Besichtigungstouren für Interessierte. Doch die etwa 60 Menschen, die sich auf der anderen Seite der Baustelle bei regnerischem Herbstwetter versammelten, wollten nicht mit dem Unternehmen feiern. »Aquariumträume platzen lassen« – so das Begehren der Protestierenden, wie es auf einem Transparent heißt.
Geplant ist auf dem Gelände ein Riesenaquarium, dessen Becken mehr als zehn Millionen Liter Wasser fassen sollen. Fische aus aller Welt sollen am Ende zu sehen sein, zudem soll auch eine Korallenaufzuchtstation in dem Haus entstehen. Hinter dem Projekt steht das internationale Konsortium »Coral World«, das ähnliche Aquarien weltweit betreibt. Auch ein Hotel soll Teil des Gebäudekomplexes werden. Die Eröffnung ist für Ende 2026 geplant.
Ein Kritikpunkt der Aktivist*innen am Bau des Riesenaquariums ist die Gentrifizierung im Grenzgebiet zwischen Friedrichshain und Lichtenberg. »Auf der Kundgebung soll daran erinnert werden, dass bis vor fünf Jahren rund um die Rummelsburger Bucht Menschen mit wenig Einkommen leben konnten«, sagt Carsten Fuchs von der Stadtteilinitiative »Wir bleiben alle Friedrichshain«. Fuchs erinnerte im Gespräch mit »nd« an das im Februar 2021 von der Polizei geräumte Obdachlosencamp ganz in der Nähe der heutigen Baustelle. »Damals wurde die Räumung von Politiker*innen des Bezirks und des Senats damit begründet, dass die wohnungslosen Menschen so vor der Winterkälte geschützt werden sollen. Dabei sollte mit der Räumung der Platz für das Nobelprojekt Coral World freigemacht werden«, moniert Fuchs.
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Ein ehemaliger Mieter der Hauptstraße 1–5 erinnerte in einem Redebeitrag an den Kampf um den Erhalt billigen Wohnraums. »Wir als Hausbewohner*innen hatten uns seit 2017 organisiert, bei der ›Bucht für alle‹ mitgemacht, Unterschriften für den Anwohner*innenantrag gesammelt, befristete Mietverträge von Mitbewohner*innen für unwirksam erklären lassen, sodass sie zu unbefristeten wurden«, sagte der Mieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.
Doch die Häuser hatte die kommunale Wohnungsgesellschaft Howoge in der Zwischenzeit an den Berliner Immobilienunternehmer Gijora Padovicz verkauft. Der konnte sich schließlich mit seinen Abrissplänen durchsetzen. »Auch wenn wir am Ende ausziehen mussten, sind wir als Akteur*innen gegangen, die sich gewehrt haben und auch in Zukunft aktiv sein werden gegen Verdrängung, aktiv gegen Spekulation mit Wohnraum und gegen eine Vereinzelung gegenüber Hausverwaltungen und Hausbesitzer*innen«, so der ehemalige Mieter.
Neben den Aktivist*innen gegen Verdrängung haben auch Tierschützer*innen von Peta ein Problem mit dem zukünftigen »Meereszoo«, wie sie das Riesenquarium nennen. »Egal wie groß und modern die Becken auch sind, sie können den Tieren niemals ihre Heimat im Meer ersetzen«, sagt Jennifer Velasco von Peta. Sie kündigt weitere Proteste gegen Ocean Berlin an.
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