Am Glücksrad

Uwe Kalbe über das Ergebnis der Hamburger Bürgerschaftswahl

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Wohl dem drögen Vorhersehbaren! In einer Zeit, in der jede Prognose lieber dreimal gewendet wird, bevor man sie einmal äußert, wirkt das Hamburger Wahlergebnis wohltuend unspektakulär. Rot-Grün ist bestätigt, die SPD steht als haushoher Wahlsieger fest und bestätigt die These vom Amtsbonus. Die Grünen werden schnell unter ihre Fittiche eilen, bevor ihnen jemand vorhalten kann, sie hätten heimlich doch mit Grün-Schwarz geliebäugelt. Denn auch zusammen reichen Grüne und CDU nicht an die Sozialdemokraten heran.

Wahlsieger Tschentscher wird in den nächsten Tagen die Grenzen seiner nordischen Zurückhaltung ausreizen müssen; er dürfte zur Projektionsfläche sozialdemokratischer Eigentherapien werden, Weissagungen der Parteiengenesung inklusive – obwohl die Einbußen der SPD gegenüber der Wahl 2015 unübersehbar sind. Für das Selbstbewusstsein der SPD ist das Hamburger Ergebnis eine Wellnesskur, für die Mitte-links-Parteien eine Gelegenheit, von besseren, auch besseren gemeinsamen Zeiten zu träumen. Ein Abend für den linksorientierten Teil der Gesellschaft, als hätte jemand am Glücksrad gedreht ...
Am berauschendsten dürften die meisten es finden, dass die AfD sich in Gefilden der Wählersympathien findet, wo man sie überall in Deutschland hinwünschte. Höchstens. Jene Menschen freilich, die einst als SPD-oder auch als Linke-Stammwähler galten, sind in Hamburg wohl am wenigsten am Ergebnis beteiligt. Grund genug gerade für die SPD, sich dem Glücksradtaumel nicht zu lange hinzugeben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal