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Negativangleichung für Rentner
Maria Neuhauss über längere Lebensarbeitszeit für Akademiker
Nach der Abstimmung über das Rentenpaket stehen nun Diskussionen über eine Reform des Rentensystems an, um das Finanzloch der Kassen zu stopfen. Ein Vorschlag des Chefberaters von Finanzminister Lars Klangbeil (SPD) wird besonders heiß diskutiert: Wer erst spät angefangen hat einzuzahlen, soll demnach auch erst später abschlagsfrei in die Rente gehen dürfen.
Der Vorschlag kann an ein Gerechtigkeitsproblem anknüpfen: Gerade Beschäftigte, die körperlich harte Arbeit verrichten (und häufig früh zu arbeiten begonnen haben), erhalten nicht nur weniger Rente, sondern sterben auch früher – um mehr als drei Jahre unterscheidet sich die Lebenserwartung zwischen Arbeitern und Angestellten. 27 Prozent der Menschen in den untersten Einkommensgruppen sterben vor dem 65. Lebensjahr.
Hebt die SPD auf diese Ungerechtigkeit ab, hat das schon fast etwas Sozialdemokratisches. Nur: Studieren ist seit den Bologna-Reformen schon lange kein Spaß mehr. Und Schreibtischarbeit fordert auch ihren Tribut: Der Anteil der Erwerbsminderungsrenten aufgrund psychischer Störungen nimmt zu. Zudem senkt ein späterer Rentenbeginn die Lebenserwartung – aber da das die Rentenkassen entlastet, wäre dies wohl auch ein willkommener Nebeneffekt.
Statt einer Negativangleichung von Arbeiter- und Angestelltenschicksalen sollten andere Lösungen verfolgt werden: ein höherer Arbeitgeberanteil oder eine Rentenkasse, in die auch Beamte einzahlen. Die leben von allen Beschäftigten übrigens am längsten.
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