Menschliche Abgründe

Martin Kröger über die Folgen des Coronavirus im Alltag

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Was sich gerade infolge der Verbreitung des Coronavirus in dieser Stadt abspielt, ist mit niederträchtig noch harmlos beschrieben. Denn wie immer in Notsituationen stirbt als Erstes die Menschlichkeit. Gut zu erkennen auch am Beispiel des Managements des Konsumtempels Ring-Center an der Grenze zu Friedrichshain und Lichtenberg.

Unter dem offensichtlichen Vorwand, sich mit den Gesundheitsbehörden zu vernetzen, nutzte das Management offenbar die erstbeste Gelegenheit, die nahe gelegene Obdachlosenwärmehalle in Verbindung mit der Bekämpfung der Krankheit zu bringen. Die ohnehin mit vielen Problemen kämpfenden Menschen ohne Obdach wurden dadurch nochmals erniedrigt - schamloser geht es kaum.

Wenn es um die eigenen Geschäfte und Belange geht, kennt der Egoismus wohl keine Grenzen. Das fängt bei den Hamsterkäufen in den Supermärkten an. Sogar vor dem Stehlen von überlebenswichtiger medizinischer Schutzausrüstung, auf die die Arztpraxen und Krankenhäuser derzeit dringend angewiesen sind, wird nicht haltgemacht. Der Gipfel der Niedertracht: In Medienberichten ist sogar die Rede davon, dass aus einer Kinderintensivstation in einem Berliner Klinikum Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel geklaut worden sein sollen. Man fragt sich angesichts dieser durch und durch kaputten Entwicklung: Was droht eigentlich als Nächstes?

Dass der Senat die Beschaffung von Schutzausrüstung zentral organisieren will, ist da richtig und wichtig. Aber offenbar muss auch der Schutz der Krankenhäuser gegen Kriminelle organisiert werden, damit die Dinge nicht gleich wieder entwendet werden.

Geoutet gehören aber auch gnadenlos jene Menschen, die im Windschatten der Ausbreitung der neuen Lungenerkrankung Covid-19 ihre ganz eigenen Süppchen kochen wollen - und beispielsweise diejenigen loswerden möchten, die sie schon lange stören. Schämt euch!

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