Altersmilde

personalie

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Posten scheint wie gemacht für einen Politrentner. Der frühere bayerische Ministerpräsident Günter Beckstein soll Vorsitzender des Nationalen Begleitgremiums (NBG) werden, das bei der Suche nach einem Atommüllendlager eine Art Scharnier zwischen Politik, Behörden und Öffentlichkeit bildet. Der 76-jährige CSU-Politiker folgt auf den 81-jährigen Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU). Das Ende 2016 geschaffene Gremium hat erst jetzt seine Soll-Stärke von 18 Mitgliedern erreicht. Es sind vor allem Wissenschaftler, aber auch Vertreter von Politik, Kirchen und Umweltverbänden. Hinzu kommen sechs Bürgervertreter*innen, die von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) benannt wurden.

Aufgabe des NBG ist die »vermittelnde und unabhängige Begleitung des Standortauswahlverfahrens, insbesondere der Öffentlichkeitsbeteiligung«. Das Gremium soll Vertrauen in den Suchprozess ermöglichen, das nach langer Fixierung auf den Standort Gorleben verloren gegangen war. Ab Herbst geht es ums Eingemachte: Dann sollen Standortregionen benannt werden, die für ein Endlager infrage kommen. Das dürfte mit heftigen Konflikten verbunden sein und für den neuen NBG-Chef zur Feuertaufe werden.

Beckstein, von 1993 bis 2007 Innenminister in Bayern und von 2007 bis 2008 der erste evangelische Ministerpräsident im katholisch geprägten Freistaat, galt als Hardliner in der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik. Nach dem Ausscheiden aus der Regierung überkam ihn eine Art politische Altersmilde. 2013 sprach er sich als einer der ersten führenden Unionsleute für eine schwarz-grüne Bundesregierung aus. Seine bis heute guten Kontakte zu den Grünen könnten ihm bei der Endlagersuche von Nutzen sein. Allerdings wird sich Beckstein von seiner früheren Gorleben-Fixiertheit lösen müssen. Noch 2008 sprach er sich für den Bau des Endlagers im Wendland aus, eine Lagerstätte in Bayern lehnte er strikt ab. Beckstein muss bei der nächsten NBG-Sitzung noch formell gewählt werden. Wann diese stattfindet, ist wegen Corona unklar. Reimar Paul

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