Mietendeckel-Gesetz in Kraft: Was bedeutet das?

Fragen & Antworten

  • Andreas Heimann und Stefan Kruse
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Mietenanstieg war in Berlin in den vergangenen Jahren stärker als anderswo und hat das Wohnen hier deutlich teurer gemacht. Nicht alle Teile des Gesetzes haben sofort Auswirkungen. Doch für Mieter und Vermieter stellen sich viele Fragen.

Warum tritt das Mietendeckel-Gesetz an einem Sonntag in Kraft?

Das hat rechtliche Gründe: Der Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses hat das Gesetz am 11. Februar ausgestellt, nachdem das Parlament es beschlossen hatte. Laut der Verfassung muss es dann innerhalb von 14 Tagen im »Gesetz- und Verordnungsblatt« veröffentlicht werden. Das war für den 22. Februar 2020 vorgesehen. Es trat am Tag darauf in Kraft.

Wie lange gilt das Gesetz nun?

Das Mietendeckel-Gesetz ist auf fünf Jahre befristet. Der Senat hofft, dass es danach nicht mehr gebraucht wird, weil sich der Berliner Wohnungsmarkt durch Neubauten bis dahin entspannt hat. Denkbar ist aber auch eine Verlängerung.

Gilt der Mietendeckel für alle Berliner Wohnungen?

Nein. Ausdrücklich ausgenommen sind alle Neubauwohnungen, die ab dem 1. Januar 2014 bezugsfertig wurden, aber zum Beispiel auch Sozialwohnungen mit Mietpreisbindung und Wohnungen in Wohnheimen. Das Gesetz deckelt die Mieten für rund 1,5 Millionen Wohnungen.

Wie funktioniert der Mietendeckel?

Die Mieten bleiben auf ihrer aktuellen Höhe. Für Mieter, die in bestehenden Mietverhältnissen nach dem Stichtag 18. Juni 2019 eine Mieterhöhung erhalten haben, wird die Miete auf dem Stand dieses Stichtags eingefroren. An jenem 18. Juni hatte der Senat erstmals Eckpunkte für das Gesetz vorgestellt. Hat zwischen dem Stichtag und dem Inkrafttreten des Gesetzes ein Mieterwechsel stattgefunden, wird die in dieser Zeit vereinbarte Miete eingefroren. Wird eine Wohnung künftig wiedervermietet, muss sich der Vermieter an neue, vom Staat festgelegte Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. Ab 2022 dürfen die Mieten höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen.

Wie hoch dürfen die Mieten jetzt sein?

Das richtet sich nach Alter und Ausstattung der Wohnung und ist in einer Tabelle festgelegt, die auf dem Mietenspiegel 2013 basiert. Danach ist die Obergrenze für die Kaltmiete beispielsweise von Wohnungen, die keine Sammelheizung und kein Bad haben und zwischen 1919 und 1949 bezugsfertig wurden, bei 4,59 Euro pro Quadratmeter. Bei Wohnungen mit Sammelheizung und mit Bad sowie Erstbezug zwischen 1919 bis 1949 sind es 6,27 Euro, bei vergleichbaren Wohnungen, die zwischen 2003 und 2013 bezugsfertig wurden, 9,80 Euro. Das Gesetz gilt auch für Staffelmieten.

Macht die Ausstattung einen Unterschied?

Bei Wohnungen, die laut Definition eine moderne Ausstattung haben, erhöht sich die Mietobergrenze um 1 Euro pro Quadratmeter. Dafür muss die Wohnung über mindestens drei Merkmale verfügen: eine Einbauküche, einen Aufzug, eine hochwertige Sanitärausstattung oder hochwertigen Bodenbelag in der Mehrzahl der Zimmer. Bei Wohnungen in einfacher Wohnlage werden bei der Berechnung der Mietobergrenze 0,28 Euro abgezogen, bei solchen in guter Wohnlage 0,74 Euro addiert. Bei bestimmten Modernisierungen soll der Vermieter die Möglichkeit haben, diese in begrenztem Umfang auf die Miete umzulegen.

Wie erfahren Mieter, welche Miethöhe für sie erlaubt ist?

Innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten des Mietendeckel-Gesetzes müssen Vermieter ihren Mietern unaufgefordert Auskunft über Faktoren geben, die für die Berechnung der Obergrenze wichtig sind, zum Beispiel, wann die Wohnung erstmals bezugsfertig war. Wenn die Mieter sie dazu auffordern, sind Vermieter verpflichtet, die Höhe der Miete am 18. Juni 2019 mitzuteilen. Wenn ein neuer Mietvertrag abgeschlossen wird, haben die künftigen Mieter einen Anspruch darauf, beides unaufgefordert mitgeteilt zu bekommen.

Wann ist eine Miete überhöht?

Das Gesetz verbietet überhöhte Mieten - das gilt aber erst neun Monate nach Inkrafttreten. Eine Miete ist überhöht, wenn sie mehr als 20 Prozent über der entsprechenden Mietobergrenze in der Mietentabelle liegt. Beträgt die Mietobergrenze also 5,95 Euro pro Quadratmeter, darf sie 7,14 Euro nicht übersteigen.

Was ist, wenn der Vermieter überhöhte Mieten verlangt?

Eine überhöhte Miete zu verlangen, ist verboten. Vermieter können dafür mit einem Bußgeld von bis zu 500 000 Euro belangt werden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen überwacht das Verbot. Mieter können sich an sie wenden. Wenn Mieter zu viel gezahltes Geld zurückhaben wollen, müssen sie den Vermieter auf zivilrechtlichem Weg verklagen. Auch diese Möglichkeit soll aber erst in neun Monaten greifen.

Ist der Mietendeckel rechtssicher?

Das ist umstritten. Diverse Gutachten kommen zu unterschiedlichen Einschätzungen. Der Versuch von Vermietern, das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht durch einen Eilantrag zu stoppen, scheiterte Mitte Februar. Das Gericht verwarf ihn aus formalen Gründen als unzulässig.

Die Berliner Parteien von CDU und FDP haben aber angekündigt, das Gesetz vor dem Landes- und dem Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. Ein Kritikpunkt lautet, das Land Berlin habe nicht die Kompetenz zu einer solchen Gesetzgebung; ein anderer, das nachträgliche Absenken der Mieten sei ein Verfassungsverstoß.

Wo gibt es Informationen?

Über das Mietendeckel-Gesetz wird auf einer Internetseite der Senatsverwaltung unter mietendeckel.berlin.de informiert. Fragen dazu können auch über die Servicerufnummer 115 gestellt werden. dpa/nd

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