Freiwillig mit weniger Gehalt bis Sommer

Bruno Labbadia trat den Dienst bei Hertha BSC an

  • Lesedauer: 3 Min.

Gerade einmal sechs Journalisten waren dabei, als Bruno Labbadia als Trainer von Hertha BSC vorgestellt wurde - Vorsichtsmaßnahme wegen Corona. Doch der Rahmen schmälerte seine Vorfreude auf die schwere Aufgabe in der Hauptstadt kein bisschen. »Ich habe total Bock darauf«, sagte der frühere Nationalspieler bei seiner Vorstellung am Ostermontag: »Ich kann sagen, dass Hertha mein Wunschverein war, auch schon im Sommer.« Damals entschied sich der ambitionierte Hauptstadtklub gegen den oft als »Feuerwehrmann« verkannten Labbadia - was angesichts der gescheiterten Trainer Ante Covic, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri als großer Fehler betrachtet werden darf.

Doch zurückblicken wollte Labbadia nicht: »Ich bin hier angetreten, um die Zukunft zu gestalten.« Die Gegenwart ist aber bestimmt durch Corona, die auch die neureiche Hertha finanziell bedroht. Deswegen verzichtet Labbadia bis zum Ende der Spielpause »auf weite Teile seines Gehalts«, wie Manager Michael Preetz verriet: »Das ist eine tolle und bemerkenswerte Geste und zeigt, dass er auch in dieser Situation sehr reflektiert die Gesamtzustände in der Gesellschaft und im Fußball im Blick hat.«

Passenderweise lächelten beide beim anschließenden Pressefoto mit reichlich Sicherheitsabstand ins Kameraobjektiv. Schon vorher wirkte Labbadia bei seinem ersten Auftritt als Hertha-Trainer nach neun Monaten Pause im Fußballgeschäft klar und aufgeräumt. »Das wird ein sehr langer Weg«, sagte der 54-Jährige: »Es ist nicht so, dass wir mit dem Finger schnipsen und alles kommt von alleine.« In seiner ersten Trainingseinheit am Montag wollte Labbadia den Spielern, die in Dreiergruppen auf dem Platz standen, bereits seine Spielidee vermitteln - erschwerte Bedingungen: »Ich kann keinem die Hand geben, keinen in den Arm nehmen«, sagte er: »Wir müssen jetzt in Lösungen denken. Mein Ziel ist, die Mannschaft auf den Tag X optimal vorzubereiten.«

Eigentlich wollte Labbadia, dessen Schwester und Tochter in Berlin lebten, keinen Klub während der laufenden Spielzeit übernehmen. Doch für Hertha habe er eine Ausnahme gemacht. Mittelfristig soll das Team unter seiner Regie wieder leidenschaftlicher und aggressiver auftreten. »Fußball ist ein geiles Spiel. Ich will, dass wir das auch leben«, sagte der gebürtige Darmstädter.

Mit Investor Lars Windhorst habe Labbadia zwar noch kein Gespräch geführt, dessen hochgesteckte Ziele (»Big City Club«) seien ihm aber bekannt. Mit der Erwartungshaltung könne er sehr gut umgehen. Er habe Mannschaften im Existenzkampf trainiert, »im Vergleich dazu ist der Druck hier zwar kein Pillepalle, aber er ist ein positiver Druck«.

Angetan war Labbadia von den Gesprächen mit Manager Preetz. Bei seiner letzten Stadion beim VfL Wolfsburg stimmte die Chemie zwischen ihm und Sportchef Jörg Schmadtke überhaupt nicht, vor allem deshalb musste er dort seinen Posten räumen. SID/nd

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