China stützt Daimler, VW & Co.

Viele Fabriken produzieren längst wieder - jetzt bricht die Auslandsnachfrage weg

  • Fabian Kretschmer
  • Lesedauer: 3 Min.

Die chinesischen Auslandstöchter stützen in der Coronakrise mittlerweile die europäischen Konzerne, insbesondere in der Autoindustrie. Hier ist man auf dem Weg zum Normalniveau.

Von Fabian Kretschmer, Peking

Als das Coronavirus in China ausbrach, litten von den deutschen Unternehmen zunächst diejenigen mit einer starken Präsenz in der Volksrepublik. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet: »Viele Produktionsstätten in Europa sind geschlossen, während sie in China wieder in Betrieb sind«, sagt Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking. Von daher sei es für heimische Firmen derzeit ein Vorteil, wenn sie in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ein Standbein haben.

Zumal das Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern der nach wie vor wichtigste Absatzmarkt für viele Branchen ist. Vor allem aber ist China bei der Bekämpfung von dem Virus dem Rest der Welt um einige Wochen voraus. Insgesamt gibt es laut den offiziellen Statistiken nur mehr knapp 1200 Menschen, die das Virus in sich tragen. Von den insgesamt über 82 000 Infizierten ist der größte Teil genesen.

Nun legt Präsident Xi Jinping den Fokus auf die graduelle Öffnung der Wirtschaft, die zur Zeit zaghaft erprobt wird. Es ist ein Balanceakt zwischen der Gesundheit der Bevölkerung und der ökonomischen Performance, bei der die Kommunistische Partei bislang konservativ vorgegangen ist. Die Angst vor einem Neuausbruch des Virus sitzt tief in den Köpfen der Kader, nicht zuletzt weil eine zweite Welle in einem Land mit 1,4 Milliarden Menschen und einem nach europäischen Maßstäben schwach entwickelten Gesundheitssystem verheerende Folgen haben könnte.

Dennoch möchte die Zentralregierung dieses Spannungsfeld nicht als Widerspruch verstehen: Die Folgekosten von Massenarbeitslosigkeit und bankrotten Unternehmen könnten ja ähnlich bedrohlich sein wie die Virus-Pandemie. Nach einem historischen Einbruch im Januar und Februar, bei dem viele Konjunkturdaten um über 20 Prozent sanken, wächst die Wirtschaft wieder leicht.

Dies macht sich auch bei den deutschen Unternehmen im Land bemerkbar, besonders den Autoherstellern, die allesamt stark vom chinesischen Markt abhängig sind. Nach einigen katastrophalen Monaten lässt sich mittlerweile sogar ein starker »Rebound«-Effekt beobachten - liegengebliebene Aufträge müssen zusätzlich zu den neuen abgearbeitet werden. Daimler-Finanzchef Harald Wilhelm sagte unlängst, der chinesische Markt sorge dafür, dass das Unternehmen trotz der miserablen Lage in Europa einen Gewinn im ersten Jahresquartal erzielen könnte. Man befinde sich in China seit März schon fast wieder auf Normalniveau. Stephan Wöllenstein, China-Chef von Volkswagen, sagte gegenüber dem »Wall Street Journal«, dass man bis Juni die Produktion wieder auf 100 Prozent bringen werde.

Wer sich unter europäischen Unternehmen in China umhört, kann auch sonst zaghaften Optimismus ausmachen: Die Fabriken fast aller Firmen sind längst wieder geöffnet, die Angestellten am Arbeiten. Doch viele ausländische Firmen in China leiden nun unter der einbrechenden Nachfrage auf dem Weltmarkt.

»Wenn man das Haus verlässt, dann hat man das Gefühl, dass Shanghai bereits wieder normal läuft: Shopping-Malls sind offen, die Straßen sind voll«, sagt Carlo D’Andrea, der die europäische Handelskammer in Shanghai leitet: »Unser Hauptproblem derzeit ist jedoch, dass viele europäische Angestellte, darunter wichtige Entscheidungsträger, nicht ins Land kommen. Das beeinflusst natürlich auch die Performance der Unternehmen.«

Tatsächlich hat China auf unbestimmte Zeit seine Pforten für ausländische Staatsbürger geschlossen. Derzeit kommt niemand bis auf Diplomaten und einige Wirtschaftsdelegationen ins Land. Zudem macht sich in China steigende Diskriminierung gegen Ausländer bemerkbar, die nun als potenzielle Virus-Träger gelten.

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