Betriebskosten und Kündigungsforderungen

Mietrechtsurteile

  • Lesedauer: 6 Min.

Nebenkosten können nur umgelegt werden, wenn die Leistungen erbracht wurden. Dies hat das Amtsgericht Gelsenkirchen (Urteil vom 22. August 2019, Az. 201 C 229/19) entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mieterin hatte gemäß den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2016 und 2017 anteilige Kosten für Hausmeistertätigkeiten, der Dachrinnenreinigung, für Ungezieferbeseitigung und die Hausreinigung zu tragen. Die Mieterin bestritt aber, dass die Leistungen überhaupt erbracht wurden. Die Vermieterin ließ dies nicht gelten und bot der Mieterin an, die entsprechenden Belege einsehen zu können. Die Mieterin kam dem jedoch nicht nach, so dass die Vermieterin schließlich Klage auf Zahlung erhob.

Das Amtsgericht Gelsenkirchen entschied gegen die Vermieterin. Ihr stehe kein Anspruch auf die Nebenkosten zu. Die Mieterin habe innerhalb der Jahresfrist nach § 556 Abs. 3 BGB erhebliche Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnungen erhoben. Dabei sei unerheblich, ob die Mieterin Einsicht in entsprechende Belege genommen hat. Denn allein der Umstand, dass Belege existieren, führe nicht dazu, dass Nebenkosten auch umgelegt werden dürfen. Nebenkosten können nur dann umgelegt werden, wenn die Leistungen auch erbracht wurden und nicht nur, wenn Rechnungen vorliegen.

Die Vermieterin hätte nicht nur auf das Einsichtsrecht verweisen dürfen, sondern hätte vortragen müssen, dass die von der Mieterin bestrittenen Leistungen tatsächlich erbracht wurden. Dies sei bisher nicht geschehen.

Mietkosten für Rauchwarnmelder nicht umlagefähig

Die Mietkosten für Rauchwarnmelder in einer Mietwohnung können nicht als Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden.

Möglich ist aber eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB. Dies hat das Amtsgericht Landshut (Urteil vom 5. Dezember 2019, Az. 3 C 1511/19) entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall sollte der Mieter einer Wohnung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung die Mietkosten für die Rauchwarnmelder tragen. Da er damit nicht einverstanden war, kam es zu einer Klage.

Das Amtsgericht Landshut entschied zu Gunsten des Mieters. Die Kosten für die Miete eines Rauchwarnmelders können nicht im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung umgelegt werden. Denn Anschaffungs- und Anmietkosten seien grundsätzlich keine Betriebskosten. Lediglich in bestimmten, in der Betriebskostenverordnung geregelten Ausnahmen sei eine Umlage möglich. Der Ausnahmecharakter verbiete es aber, die in der Verordnung genannten Ausnahmen auf weitere Fälle, wie etwa auf Mietkosten für Rauchwarnmelder, zu übertragen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts komme eine Modernisierungsmieterhöhung gemäß § 559 BGB in Betracht, da es sich bei der Ausstattung einer Wohnung mit Rauchmeldern um eine nachhaltige Verbesserung im Sinne des § 555 b Nr. 4 und 5 BGB handele.

Kein Recht zur fristlosen oder ordentlichen Kündigung

Ein Wohnungsmieter darf sich kritisch mit anderen Mietern über eine Nebenkostenabrechnung auseinandersetzen.

Ein Recht zur fristlosen oder ordentlichen Kündigung besteht für einen Vermieter in einem solchen Fall nicht. Dies hat das Amtsgericht Euskirchen (Urteil vom 16 Januar 2020, Az. 33 C 63/19) entschieden.

In dem Fall wurden den Mietern einer Wohnung in Euskirchen im März 2019 von ihrem Vermieter fristlos und hilfsweise fristgerecht gekündigt. Hintergrund dessen war, dass sich die Mieter mittels eines Schreibens an ihre Mitmieter wandten, in dem sie sich kritisch über die Nebenkostenabrechnung 2017/ 2018 äußerten. Die Mieter errechneten in dem Schreiben, dass die jetzigen Reinigungskosten um mehr als 200 Prozent höher waren als im Vergleichszeitraum der früheren Abrechnung. Die Berechnung schloss mit dem Satz: »Wir sollten unseren Vermieter darauf mal aufmerksam machen.« Zudem wurde die Preissteigerung als »Wucher« bezeichnet. Der Vermieter sah in dem Inhalt des Schreibens eine Beleidigung und üble Nachrede. Er warf den Mietern vor, andere Mieter gegen ihn aufzuwiegeln und somit Unfrieden zu stiften.

Das Amtsgericht Euskirchen entschied, dass dem Vermieter kein Recht zur fristlosen Kündigung zugestanden habe. Die Mieter haben keine Vertragsverletzung gemäß § 543 Abs. 1 BGB begangen oder den Hausfrieden nachhaltig gestört im Sinne von § 569 Abs. 2 BGB. Mit dem Schreiben haben sich die Mieter sachlich mit der Nebenkostenabrechnung auseinander gesetzt. Es enthalte keine an den Vermieter gerichteten reißerischen oder ehrverletzenden Formulierungen. Von einer üblen Nachrede oder Aufwiegelung könne keine Rede sein.

Nach Auffassung des Amtsgerichts dürfen sich Mieter kritisch mit der vom Vermieter erstellten Betriebskostenabrechnung auseinandersetzen. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich Abweichungen zu den bisher abgerechneten Kosten ergeben. Ein Vermieter könne nicht erwarten, dass jede von ihm erstellte Nebenkostenabrechnung widerspruchslos und ohne Kritik akzeptiert wird. Gerade in Mehrfamilienhäusern müsse damit gerechnet werden, dass sich die Mieter zur Klärung mietvertraglicher Belange zusammenschließen.

Schließlich sei nach Ansicht des Amtsgerichts auch die ordentliche Kündigung unwirksam. Denn in der Anfertigung des Schreibens und in der Verwendung des Begriffs »Wucher« liege keine erhebliche Pflichtverletzung im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Ohnehin hätte es vor Ausspruch der fristgerechten Kündigung einer Abmahnung bedurft.

Notdienstpauschale keine Betriebskosten

Die an einen Hausmeister entrichtete Notdienstpauschale stellen keine Betriebskosten dar. Vielmehr handelt es sich dabei um nicht umlagefähige Verwaltungskosten.

Dies hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18. Dezember 2019, Az. VIII ZR 62/19) entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mieter einer Wohnung in Berlin sollten gemäß der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2016 anteilig die Kosten einer an den Hausmeister entrichteten Notdienstpauschale in Höhe von fast 103 Euro zahlen. Die Pauschale wurde für die Notdienstbereitschaft des Hausmeisters bei Störungsfällen außerhalb der üblichen Geschäftszeiten, wie zum Beispiel Stromausfall, Heizungsausfall oder Wasserrohrbruch, von der Vermieterin gezahlt. Da sich die Mieter weigerten die Kosten zu tragen, erhob die Vermieterin Klage.

Sowohl das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg als auch das Landgericht Berlin wiesen die Klage ab. Das Landgericht vertrat die Ansicht, dass die Notdienstpauschale keine Betriebskostenposition darstelle, sondern nicht umlagefähige Verwaltungskosten. Die Bereithaltung für die Entgegennahme von Notfallmeldungen und die darauf folgende Veranlassung von Reparaturmaßnahmen sei eine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Verwaltung des Gebäudes. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Vermieterin.

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Vermieterin zurück. Sie könne nicht die anteilige Zahlung der Notdienstpauschale verlangen. Denn dabei handele es sich nicht um umlagefähige Betriebskosten, sondern um vom Vermieter zu tragende Verwaltungskosten.

Zwar können die Kosten als Betriebskosten angesehen werden, so der BGH, die durch typische Aufgaben eines Hauswarts verursacht werden, in den allgemein zugänglichen Räumen und auf den allgemein zugänglichen Flächen des Mietobjekts für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Mit der hier berechneten Notdienstpauschale werden aber Tätigkeiten abgegolten, die der Grundstücksverwaltung und nicht dem Sicherheits- und Ordnungsbereich zuzuordnen sei. Denn es handele sich nicht um eine Vergütung für eine allgemeine Kontroll- und Überwachungstätigkeit, sondern um Aufwendungen für die als Verwaltungstätigkeit einzuordnende Entgegennahme von Störungsmeldungen und Veranlassung von Reparaturmaßnahmen durch Dritte.

Für unerheblich hält der BGH, dass die Notdienstpauschale auch dem Interesse des Mieters diene. Denn damit können letztlich die meisten Verwaltungskosten des Vermieters als Betriebskosten angesehen werden. kostenlose-urteile.de/nd

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