Werbung

Lula wirft Bolsonaro »Genozid« in Brasilien vor

Früherer Präsident fordert Amtsenthebung des Staatschefs wegen unzureichender Maßnahmen gegen die Covid19-Pandemie

  • Lesedauer: 2 Min.

São Paulo. Brasiliens früherer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat seinem ultrarechten Nachfolger Jair Bolsonaro vorgeworfen, wegen unzureichender Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des neuartigen Coronavirus einen »Genozid« zu verursachen. Die Regierung in Brasília mache aus jedem, der sich vor dem Erreger fürchte, »einen Feind«, kritisierte Lula in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP. Der linksgerichtete Ex-Staatschef forderte die Amtsenthebung Bolsonaros.

Bolsonaro gilt als Gegner der Corona-Restriktionen in mehreren Bundesstaaten. Die vom Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19, an der bereits fast 14.000 Brasilianer starben, bezeichnete er als »kleine Grippe«. Der Präsident treibe das Land mit seinen Aufrufen, die Wirtschaft zu öffnen, ins »Chaos«, kritisierte Lula. »Ich bin katholisch, daher bete ich für die Brasilianer, damit sie dem Genozid entkommen, den Bolsonaro auslöst.«

Der 74-jährige Ex-Präsident verurteilte auch den Einsatz der Armee für Bolsonaros Belange. Derzeit seien die Soldaten »weniger Zivilisten als Militäroffiziere im Präsidentschaftspalast«, sagte Lula. Die Armee habe unter Bolsonaro »sogar mehr Einfluss in der Regierung als während der Militärdiktatur«.

Angesichts der Attacken Bolsonaros »auf die Demokratie, demokratische Institutionen und das brasilianische Volk« müsse Bolsonaro des Amtes enthoben werden, forderte Lula weiter. Er sei jedoch dagegen, dass eine Bewegung für ein Amtsenthebungsverfahren von einer politischen Partei ausgehe. Eine »ideologische Konnotation« eines solchen Prozesses müsse vermieden werden.

Bolsonaro steht derzeit schwer unter Druck durch die Justiz. Im April hatte das Oberste Gericht die Bundespolizei angewiesen, Anschuldigungen gegen Bolsonaro wegen Einmischung in die Polizeiarbeit zu untersuchen. Die Ermittlungen könnten in ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro münden.

Die Anschuldigungen gegen Bolsonaro wurden vom inzwischen zurückgetretenen Justizminister Sergio Moro erhoben. Der ehemalige Richter hatte 2017 den Ex-Präsidenten Lula zu einer langjährigen Haftstrafe wegen Korruption verurteilt. Lula wies die Vorwürfe stets als politisch motiviert zurück. Im November vergangenen Jahres kam Lula frei. Er war von 2003 bis 2010 Präsident Brasiliens und war in der Bevölkerung äußerst populär. AFP/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal