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Tegels Zeit ist abgelaufen
Martin Kröger begrüßt das Aus des Flughafens Tegel
Alles hat seine Zeit. Für den Flughafen Tegel im Berliner Norden, dessen Infrastruktur seit Jahren hoffnungslos veraltet ist, hat nun die Stunde geschlagen. Zwar ist die Schließung, die ab Mitte Juni vollzogen werden soll, zunächst zeitlich befristet. Doch angesichts der aktuellen Flaute im zivilen Luftverkehr in der Coronakrise ist es äußerst unwahrscheinlich, dass der Flughafen noch einmal hochgefahren wird. Schließlich soll Ende Oktober der neue, verkehrlich bestens angeschlossene BER in Schönefeld eröffnen, und diesmal gibt es kaum Zweifel, dass sich die Fertigstellung erneut verzögern wird. Bis zum Herbst reichen die Kapazitäten von Schönefeld-Alt allemal.
Was viele Berlinerinnen und Berliner wahrscheinlich bedauern werden, immerhin war Tegel beliebt, ist in der Gesamteinschätzung aber eine sehr gute Nachricht. Denn aus vielerlei Perspektiven macht die Schließung Sinn. Dabei entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechnet der selbst ernannte wirtschaftsliberale Tegel-Retter Sebastian Czaja den derzeit total unrentablen Flughafen künstlich offen und damit am Leben halten möchte.
Aber nicht nur aus ökonomischer Perspektive macht der Weiterbetrieb eines Airports, den niemand mehr anfliegt, keinen Sinn. Noch wichtiger ist die Entlastung für die Berlinerinnen und Berliner, die in der Einflugschneise leben und nun endlich keinen Fluglärm mehr zu ertragen haben und auf die auch nicht mehr das Kerosin der landenden Flugzeuge herunterrieselt. Keine Frage: In der heutigen Zeit wäre ein innerstädtischer Flughafen wie in Tegel niemals mehr genehmigungsfähig. Viel zu groß sind die Belastungen und Gefahren für die Anlieger.
Und aus gesamtstädtischer Perspektive bietet ein Ende Tegels sogar die Chance, die vielversprechenden Planungen für die sogenannte Urban Tech Republic vorzuziehen. Die grünen Industrien und Stadtquartiere sind ein Hoffnungsschimmer - in diesen düsteren Coronkrisen-Zeiten umso mehr.
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