Solidarisch durch die Krise

»Unteilbar«-Bündnis bildete bundesweit Menschenketten mit Tausenden Teilnehmern

  • Georg Sturm
  • Lesedauer: 3 Min.
»Die verschiedenen Ungerechtigkeiten werden durch die Coronakrise wie durch ein Brennglas verstärkt«, sagte Thomas Hoffmann, Sprecher des »Unteilbar«-Bündnisses, am Sonntag in Berlin. Daher sei es wichtig, gerade auch in Zeiten der Krise auf die Straße zu gehen. Unter dem Motto »SogehtSolidarisch« protestierten am Wochenende Tausende in mehreren Städten für eine soziale und klimagerechte Gesellschaft und gegen Rassismus.

Grün, gelb, orange, blau, rosa – an drei Meter langen Plastikbändern in verschiedenen Farben hielten sich die Protestierenden in Berlin fest und bildeten so eine neun Kilometer lange Menschenkette, die vom Brandenburger Tor über den Alexanderplatz bis zum Hermannplatz reichte. Ähnlich bunt war auch das Bündnis aus 130 Initiativen, Verbänden, Gewerkschaften und Parteien, die zu der Kundgebung aufgerufen hatten.

»Wir stehen dafür ein, dass die verschiedenen solidarischen Kämpfe nicht gegeneinander ausgespielt werden«, sagte Hoffmann dem »nd«. Organisiert wurde die Aktion vom Bündnis »Unteilbar«, das im Oktober 2018 unter dem Motto »Für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung« rund 240 000 Menschen auf die Straße gebracht hatte.
Auch außerhalb Berlins nahmen am Sonntag Zehntausende in Städten wie Leipzig, Hamburg, Freiburg, Passau und Münster an den Demonstrationen teil. Laut Angaben von »Unteilbar« gingen alleine in der Hauptstadt 20 000 Menschen auf die Straße.

Alle, die nicht an Kundgebungen teilnehmen konnten, waren dazu aufgerufen, online unter den Hashtags #sogehtsolidarisch und #unteilbar mitzumachen. Über einen Livestream konnten die Aktionen im Netz verfolgt werden.

Die Coronakrise stelle einen Wendepunkt dar, schreiben die Organisationen in ihrem Aufruf: »Jetzt wird entschieden, ob wir es schaffen, uns gemeinsam auf den Weg in eine antirassistische, soziale und klimagerechte Gesellschaft zu machen – für ein besseres Leben für alle.« Auf dieser Grundlage versammelten sich am Sonntag zahlreiche Organisationen, die sich für unterschiedliche Forderungen stark machten.

»Wir müssen alle zusammenstehen und die Krise solidarisch lösen«, forderte Sonja Staack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg. Viele Menschen, denen es ohnehin schon schlecht gehe, seien durch die Coronakrise unter Druck geraten. »Wir fordern, dass die Krisenkosten gerecht verteilt werden«, sagte Staack.

»Wir gehen gegen Rassismus und Diskriminierung und für die Einhaltung der Menschenrechte auf die Straße«, sagte Amnesty-Pressereferentin Cora Eichholz dem »nd«. Insbesondere in Zeiten der Krise dürften diese Anliegen nicht vergessen werden. »Diese Themen hören wegen Corona nicht einfach auf«, so Eichholz.

Nach Verstößen gegen die Corona-Auflagen bei Großdemonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmenden in den vergangenen Wochen wurde auch Kritik an den Protesten laut. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte die Demonstranten vor dem Wochenende dazu aufgefordert, die Hygieneregeln einzuhalten. »Setzen Sie ein starkes demokratisches Signal, aber tun Sie es mit Verantwortungsbewusstsein«, forderte er am Freitag in einer Videobotschaft. Per Auflage wurden die Teilnehmer*innen dazu verpflichtet, einen Mund-Nase-Schutz zu tragen. Die große Mehrheit der Demonstrierenden hielt sich an diese Regel.
Dass Protestieren auch in Zeiten einer Pandemie möglich ist, habe die Menschenkette am Sonntag eindrücklich gezeigt, sagte Demonstrationsteilnehmerin Laura Timm zu »nd«. »Es ist wichtig, klar zu machen, dass es möglich ist, coronakonform zu demonstrieren«, so Timm.

»Das Besondere an Unteilbar ist, dass der gemeinsame Protest zeigt, dass die Verbindung verschiedener Kämpfe Sinn ergibt«, sagte Georg Kössler, der sich gemeinsam mit Timm für eine Evakuierung der Geflüchtetenlager in Griechenland und ein humanes Aufnahmesystem einsetzt. Besonders beeindruckend sei das breite gesellschaftliche Bündnis: »Unteilbar zeigt, dass linksradikale Kämpfe und bürgerlicher Protest für eine solidarische Politik zusammengehen.«

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