Die Latte hängt tief

Daniel Lücking über die Corona-Warn-App

Die Lobesworte am Präsentationstag waren reichlich und verdient. Erfolgreiche Softwareentwicklung schien in Deutschland über Jahre nur dann problematisch, wenn es sich um Projekte mit Regierungsbeteiligung handelte. Egal ob Anwaltspostfach oder sichere digitale Kommunikation mit Behörden: Die entwickelten Produkte fanden keine Akzeptanz, wohl aber reichlich Kritiker, die immer wieder Sicherheitslücken aufzeigten.

Nun wirkt es, als habe sich die Bundesregierung dieses Mal auf die Stimmen der Kritiker*innen eingelassen. Doch vom Irrweg, den sie - seinerzeit noch beratungsresistent - bis Ende April beschritt, brachten sie letztlich wohl Apple und Google ab. In den Konzernen dürfte die Kritik rund um die ursprünglich geplante zentrale Serverlösung wohl als Gefahr für die eigenen Produkte gegolten haben.

Alles passé: Jetzt kann die App auf den aktuellen Geräten installiert werden und muss ihre Alltagstauglichkeit beweisen. Die Messlatte für einen Erfolg hängt tief, denn bisher gibt es aus anderen Ländern keine Erfolgsmeldungen. Erst am Montag musste Norwegen seine im April eingeführte App auf Geheiß der Datenschutzbehörde zurückziehen und die Daten löschen. Nur jeder neunte Mensch in Norwegen hatte sie installiert.

Dieses Schicksal dürfte der Corona-Warn-App nicht blühen, sofern die Regierung nun alle nötigen Schritte unternimmt, damit das Vertrauen in die Technik wachsen kann. Ein klares Gesetz gehört dazu. Sonst regelt das der Markt.

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