Fahne im Wind

  • Felix Jaitner
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Frage, wie es nach einem öffentlichen Mandat beruflich weitergeht, beschäftigt so manch einen Politiker bereits während seiner Amtszeit. Kroatiens Ex-Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović ist auf ihrer Suche rasch fündig geworden: Fünf Monate nach Ende ihrer Amtszeit wird die 52-Jährige Mitglied im Exekutivkomitee des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

Schon als Außenministerin, Botschafterin in den USA, stellvertretende Generalsekretärin der Nato und kroatische Präsidentin habe sie die Werte eines positiven Sportsgeistes unterstützt, begründete Kolinda, wie sie in Kroatien nur genannt wird, ihre Entscheidung. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn als Präsidentin ließ sie keine Gelegenheit ungenutzt, Sportveranstaltung für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Unvergessen bleiben ihre Auftritte bei der Fußballweltmeisterschaft 2018, als sie mit Tränen in den Augen die Spieler der kroatischen Nationalmannschaft herzte. Der »heimliche Star« der Siegerehrung sei sie gewesen, flötete der »Stern« damals. Kroatien belegte den 2. Platz und Kolinda war die Mutter der Nation.

Die Politikerin der national-konservativen Kroatischen Demokratischen Union (HDZ) steht sinnbildlich für die Elite des Landes, die aus dem jugoslawischen Zerfallsprozess hervorging. Die Fleischerstochter profitierte von den sozialistischen Bildungsreformen, die ihr ein Jahr als Austauschschülerin in den USA ermöglichten. Doch als Präsidentin wetterte sie - politisch opportun - gegen die »kommunistische Indoktrinierung« von Staat und Partei oder relativierte die Verbrechen des faschistischen Ustascharegimes, das im Zweiten Weltkrieg mit Nazi-Deutschland kollaborierte und für den Mord an circa 600 000 Juden, Serben, Roma und Oppositionellen verantwortlich ist.

Apropos: Stellen beim IOC sind lukrativ. Es sei ein Amt, das nicht vergütet werde, schreibt die kroatische Tageszeitung »Večernji List«, aber man bekomme alles bezahlt.

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