Syrien wählt ein neues Parlament

1656 Kandidaten treten in Regierungsgebieten an / Millionen Geflüchtete von Wahl ausgeschlossen

  • Philip Malzahn
  • Lesedauer: 2 Min.

In den 70 Prozent des Landes, die derzeit unter Regierungskontrolle stehen, öffneten am Sonntag um 7 Uhr morgens laut der staatlichen Nachrichtenagentur SANA 7277 Wahllokale. Bei der Wahl treten 1656 Kandidaten für die 250 zu vergebenden Sitze im syrischen Parlament, dem Volksrat, an. Die mehr als fünf Millionen Syrer, die während des Krieges ins Ausland geflohen sind, haben jedoch kein Wahlrecht. Laut einer 2014 implementieren Gesetzesänderung ist es Staatsbürgern verboten, sich an Wahlen zu beteiligen, wenn man ohne Genehmigung das Land verlassen hat. Damit sollen vor allem Oppositionelle im Ausland vom demokratischen Prozess ausgeschlossen werden.

Erwartet wird ein klarer Sieg der Baath-Partei des Machthabers Baschar al-Assad, wirkliche Oppositionskandidaten gibt es nicht. Dafür treten einige parteiunabhängige Kandidaten dann. Und obwohl die Syrer in der Parlamentswahl keine Alternative zur Herrschaft Assads und seiner Partei haben, so geht es doch um das derzeit wohl wichtigste Thema im Land: die Wirtschaft. Die meisten Kandidaten haben vor der Wahl dem Preisanstieg den Kampf angesagt, viele versprachen zudem den Wiederaufbau von im Krieg zerstörter Infrastruktur und die Rückführung Millionen Vertriebener in ihre Heimatorte.

Neun Jahre Krieg, dazu schwerwiegende Sanktionen durch die EU und die USA haben die Wirtschaft an den Rande des Zusammenbruchs gebracht: Die Währung verliert rapide an Wert, Lebensmittelpreise steigen rasant.

Die Entscheidung, welche Kandidaten am besten dazu geeignet sind, die wirtschaftlichen Probleme zu lösen, dürfte sich für die Bevölkerung als äußert schwierig gestalten. Zuletzt haben die im Juni beschlossenen CAESAR-Sanktionen den Handel mit vielen Schlüsselfiguren der Wirtschaft unter Strafe gestellt. Darunter befinden sich einige Kandidaten der Parlamentswahl, wie der Bauunternehmer und Vizepräsident der syrisch-iranischen Handelskammer Fahd Mahmoud Darwish. Auch von der EU sanktionierte Kandidaten mit nachgesagten engen Verbindungen zu Russland treten zur Wahl an: Hussam al-Qatriji soll angeblich als Mittelsmann bei Ölgeschäften zwischen der syrischen Regierung und der Terrormiliz Islamischer Staat agiert haben.

Es ist der dritte Urnengang seit Beginn des Bürgerkriegs in dem arabischen Land - und der erste, der auch ganzheitlich in ehemaligen Rebellenhochburgen wie Ghouta oder Aleppo abgehalten wird. Mit Unterstützung Moskaus hatte Assad seine Kontrolle über das Land in den vergangenen zwei Jahren erheblich ausgeweitet. Am Abend vor der Wahl hatte es in Damaskus zwei Bombenexplosionen gegeben. Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur SANA wurden dabei ein Mensch getötet und ein weiterer verletzt. Mit Agenturen

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