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AKW-Abriss mit Tücken

Bei der Brokdorf-Stilllegung endet die Frist für Einwendungen

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Am 1. Januar 2022 erlischt die Betriebserlaubnis für den Atommeiler in Brokdorf. Aus der Stilllegung ergeben sich absehbare Folgen. AKW-Gegner und Umweltschützer gehören zu denjenigen, die sich schon jetzt mit dem anstehenden Abriss des Reaktors beschäftigen.

Mitten hinein in die Sommerferien hat das in Schleswig-Holstein für die Atomaufsicht zuständige Energiewendeministerium die Öffentlichkeitsbeteiligung zum anstehenden Rückbau des von Preußen Elektra betriebenen Atomkraftwerks begonnen. Nur, wer noch bis zum kommenden Montag einen Einwand geltend macht, ist dann beim geplanten Erörterungstermin im Februar 2021 zur Teilnahme berechtigt.

Die Initiative »Brokdorf akut« des Reaktor-Anwohners und langjährigen Klägers Karsten Hinrichsen hat eine Sammeleinwendung vorbereitet, die mit unterzeichnet werden kann. Hinrichsen und auch der schleswig-holsteinische Landesverband der Umweltorganisation BUND weisen darauf hin, dass es im Einwendungsverfahren bereits um die Frage der Zwischenlagerung anfallender radioaktiver Materialien geht, die auf dem AKW-Gelände für bis zu 40 Jahre vorgesehen ist. Für den Brokdorf-Abriss fällt geschätzt eine Abfallmenge von über 70 Castor-Behältern an. Zudem müsse bedacht werden, dass noch sieben Castoren mit wiederaufbereitetem hoch radioaktivem Atommüll aus dem britischen Sellafield ihren Platz auf dem AKW-Areal finden sollen. »Brokdorf akut« nimmt daher allen Atomkraftgegnern die Hoffnung, dass es nach dem Stilllegungstag sofort mit dem Rückbau losgeht. »Das AKW wird zwar abgebaut, doch die Radioaktivität bleibt zu 99 Prozent vor Ort«, heißt es in einer Erklärung.

BUND-Landesvorstandsmitglied Rainer Guschel behagt die Eile der Landesregierung im Einwendungsverfahren gar nicht. Er befürchtet, dass die Abrissarbeiten für die Beschäftigten zu einem erhöhten Strahlenrisiko führen, werden doch im Kraftwerk »die rund 750 Brennelemente noch bis 2026 im Abklingbecken lagern müssen«. Der BUND prangert auch die Zwischenlagerung an und verweist auf den unzureichenden Hochwasserschutz an der Unterelbe.

Für Guschel und seine Mitstreiter ist es zudem unverständlich, dass der Preußen Elektra bei brennelementefreiem Zustand im späteren Abrissprozess für die Abluft durch den Schornstein und die Abwassereinleitungen in die Elbe dieselben Grenzwerte beim radioaktiven Eintrag gewährt werden sollen wie während des laufenden Betriebs. Der BUND-Fachreferent zu Atomfragen stellt sich abschließend die Frage, ob man an dieser Stelle etwa bei den Kosten für effektive Filteranlagen sparen möchte?

Noch vollkommen ungelöst ist die Frage des anfallenden Restmülls, also von gering kontaminiertem Bauschutt oder Dämmstoffen. Das Energiewendeministerium muss riesige Mengen an Material aus den insgesamt drei Nordmeilern Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel lagern, doch bisher hat sich nur eine Deponie in Wiershop zur Aufnahme von Müll aus dem schon 2011 stillgelegten AKW Krümmel bereiterklärt. Andernorts ist der Widerstand von Anwohnern und Kommunalpolitik weiterhin immens.

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