Rüstungskonzerne steigen auf Künstliche Intelligenz um

Deutsche und französische Waffenproduzenten wollen gemeinsam beim Geschäft mit dem Tod verdienen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Die deutschen Rüstungsfirmen und ihre diversen Zulieferer sind gut im Geschäft. Doch obgleich die Bundeswehr so viele Milliarden wie noch nie in die Aus- und Aufrüstung steckt, ist sie als alleiniger Abnehmer zu unbedeutend, um die angestrebten Profite zu garantieren. Wohl aber ist die deutsche Armee als Test- und Referenzpartner willkommen.

So entwickelte Rheinmetall mit den Erfahrungen aus dem Bundeswehr-»Puma« den »Lynx«. Den preist die Firma derzeit weltweit an. Der gepanzerte Mannschaftstransporter »Boxer«, den die Bundeswehr im Bestand hat, ist mit seinen verschiedenen Spezifikationen bereits ein »Renner« auf dem Weltmarkt und die von dem Konzern produzierte Munition verschießt sich angesichts der vielen Kriegs- und Krisenherde fast von allein. Zumal sich mit Hilfe der verschiedenen ausländischen Konzerntöchter deutsche Exportbeschränkungen mühelos umgehen lassen.

Nicht klagen kann auch das zweite deutsche »Systemhaus«. Krauss-Maffei Wegmann (KMW) entwickelte sich zum Marktführer für sogenannte hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge in Europa. Rund 4000 Leute arbeiten an 18 KMW-Standorten in Deutschland, Brasilien, Griechenland, Großbritannien, Mexiko, Singapur und den USA. Sie bauen und warten Kampf- und Schützenpanzer, Artilleriesysteme, Flugabwehr-, Aufklärungs- und Brückenlegesysteme sowie gepanzerte Radfahrzeuge für Militärs und Polizei.

Natürlich lassen sich auch in Zukunft mit gehärtetem Stahl, Kanonen sowie allerlei modernen Zusatzeinrichtungen Gewinne erzielen. So wie mit Explosivstoffen. Doch wer in der globalen Rüstungsliga oben »mitspielen« will, muss mehr bieten.

Jüngst veranstaltete die Defense Resarch Advanced Projects Agency (DARPA), die Forschungsgemeinschaft des US-Verteidigungsministeriums, einen Luftkampf. Der fand im Simulator am Boden statt. Beteiligt waren zwei hochmoderne Jets. Einer wurde von einem Piloten gesteuert, der andere folgte den Befehlen von sogenannter Künstlichen Intelligenz (KI). Ergebnis: Die KI gewann haushoch 5:0. Das künstliche System war einfach besser und schneller beim Optimieren von Turbinenleistung, Angriffswinkeln, bei der Wahl der Waffen und anderen Parametern, die letztlich über Tod oder Überleben entscheiden. Zudem musste es keine Rücksicht nehmen auf mögliche Überlastungen, die der menschliche Organismus nicht übersteht.

Die US Air Force arbeitet bereits an einem autonomen Waffensystem namens Skyborg, dessen erste Versionen schon 2023 verfügbar sein könnten. Es soll zunächst als Begleiter für F-35 Kampfflugzeuge eingesetzt werden.

Ein ähnliches Konzept ist in Europa als Future Combat Air System (FCAS) geplant. Vorgesehen ist ein integriertes System, das Drohnen, Kampfflugzeuge, Satelliten sowie Kommando- und Kontrollflugzeuge verbindet. Die notwendigen Technologien sollen, so heißt es beim Airbus- wie beim französischen Dassault-Konzern, mehrheitlich autark von den USA entwickelt werden.

Projekte wie das FACS überfordern offensichtlich einzelne Konzerne. Notwendig ist eine staatenübergreifende Kooperation. Das gilt auch für das sogenannte Main Ground Combat System. Der Panzer soll den französischen Leclerc und den deutschen Leopard 2 ablösen. Dazu fusionierten vor rund fünf Jahren Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Nexter.

Für all diese Kooperationsmodelle mit Drall zur automatisierten Kriegsführung haben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den Weg frei gemacht, als sie im Januar vergangenen Jahres in Aachen den neuen deutsch-französischen Vertrag schlossen. Sie vereinbarten, nicht nur ihre Politik, sondern auch ihre Rüstungsbeschaffung stärker zu verknüpfen. Man will neben dem FCAS sowie dem gemeinsamen Kampfpanzer- und Artilleriesystem, eine bewaffnete Drohne und ein Seefernaufklärungsflugzeug entwickeln. Alles in allem, so hieß es vor einem Jahr, gehe es um ein Investitionsvolumen, das zwischen 100 und 200 Milliarden Euro liegt.

Die neuen Waffensysteme werden - so hoffen die Hersteller - auch im Export einschlagen wie eine Bombe. Durch die Kooperation umgeht man inner- und zwischenstaatliche Streitereien und Beschränkungen wie beispielsweise beim Export von deutschen Leopard-Panzern nach Saudi-Arabien.

Ob es je zu der angestrebten Arbeitsteilung bei der Entwicklung neuer intelligenter Mordwerkzeuge kommt, ist jedoch ungewiss. Hinter den Kulissen wird heftig gestritten über Finanzierung und Produktionsanteile. Falls man sich überhaupt einigt, wird man vermutlich feststellen, dass die USA aber auch China und Russland profitträchtige Absatzmärkte besetzt haben.

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