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Angefasster Innensenator
Martin Kröger sieht Andreas Geisel trotz gemachter Fehler fest im Amt
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) dürfte das vergangene Wochenende noch lange in schlechter Erinnerung bleiben. Die abscheulichen Bilder von Reichsbürgern und Neonazis auf den Stufen des Reichstagsgebäudes gingen um die Welt. Glücklicherweise gelang es den rechtsextremen Angreifern nicht, in das Gebäude einzudringen. Weil sieben Polizisten die Eingänge verteidigten. Mit dem fehlgeschlagenen Demonstrationsverbot im Vorfeld der Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung haben sich die Versammlungsbehörde und der verantwortliche Innensenator ebenfalls nicht mit Ruhm bekleckert. Entsprechend angefasst zeigte sich der SPD-Politiker am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Geisel sprach von »beschämenden Bildern«. Er gab sich selbstkritisch: Das sei natürlich aufzuarbeiten, das dürfe nicht wieder passieren, so der Senator.
Tatsächlich gibt es nach den vergangenen Tagen einiges in den Berliner Innenbehörden zu bereden. Wobei die Gefahreneinschätzung im Nachhinein betrachtet gar nicht so schlecht war: Wie erwartet, wurde auf den Demonstrationen der Corona-Leugner von Anfang an die Abstände- und Hygienebestimmungen nicht eingehalten. Realistisch war auch die Prognose, dass gewaltbereite Neonazis, Reichsbürger und Hooligans sich unter die Demonstrierenden mischen könnten, um zu randalieren - so wie es dann vor der russischen Botschaft eingetreten ist.
Gleichwohl gilt es, für die Zukunft noch besser aufgestellt zu sein. Der Innensenator hat aber nicht nur einstecken müssen, er hat auch einen Erfolg vorzuweisen: So bleibt immerhin das bis Mitte September geplante Camp der selbst ernannten Querdenker - höchstrichterlich in Karlsruhe bestätigt - Berlin erspart. Am Ende sind es auch nicht die Gerichte oder der Innensenator, die die politische Auseinandersetzung mit den Corona-Leugnern und ihrem rechten Anhang alleine zu bestreiten haben, sondern es ist die gesamte Berliner Stadtgesellschaft.
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