Antifaschistin verurteilt: Geballte Staatsgewalt gegen Linke

Jana Frielinghaus über die Gerichtsentscheidung gegen Hanna S.

Der Prozess gegen Hanna S. fand in einem Saal im Hochsicherheitstrakt der Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim statt, wo S. seit Anfang 2024 inhaftiert ist.
Der Prozess gegen Hanna S. fand in einem Saal im Hochsicherheitstrakt der Münchner Justizvollzugsanstalt Stadelheim statt, wo S. seit Anfang 2024 inhaftiert ist.

Man könnte sagen: Hanna S. hat noch Glück gehabt. Während die Bundesanwaltschaft für die Antifaschistin noch eine Haftstrafe von neun Jahren wegen angeblich versuchten Mordes gefordert hatte, verhängte das Oberlandesgericht München »nur« eine von fünf Jahren gegen die seit fast eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft sitzende Kunststudentin wegen gefährlicher Körperverletzung.

Doch das juristische Vorgehen gegen Hanna S., der in einem reinen Indizienprozess die Beteiligung an tätlichen Angriffen auf mutmaßliche Neonazis in Budapest vorgeworfen wurde, bleibt höchst fragwürdig. Es erhärtet den Eindruck, dass in Deutschland gegen Linke auch bei äußerst dünner Beweislage mit enormer Härte vorgegangen wird, und dass ihnen vorgeworfene Gewaltdelikte sofort als quasi staatsgefährdende Akte ausgelegt werden. Warum sonst sollte sich die Generalbundesanwaltschaft solcher Verfahren annehmen? Zu beobachten war dieses Vorgehen bereits im langwierigen Verfahren gegen Mitglieder der sogenannten Antifa Ost um Lina E. in Dresden. Auch dort lautete ein zentraler Vorwurf auf Bildung einer »kriminellen Vereinigung«, der eine besonders harte Bestrafung der Angeklagten nach sich zog.

Im Fall von Hanna S. ist nach wie vor nicht einmal bewiesen, dass sie am Tag der ihr vorgeworfenen Delikte überhaupt in Budapest war. Experten bezweifelten die Aussagekraft etwa von Methoden zum biometrischen Abgleich von Überwachungskameravideos. Der Umgang mit S. lässt ein ebenso martialisches und unfaires Verfahren gegen die jungen Menschen befürchten, nach denen im sogenannten Budapest-Komplex gefahndet wurde und die sich daraufhin in Absprache mit ihren Eltern gestellt haben.

Im Kontrast dazu steht, dass sich Landgerichtsprozesse gegen Neonazis wegen brutaler Attacken etwa gegen Journalisten oft über viele Jahre hinziehen und teils mit läppischen Bewährungsstrafen enden, die dann auch noch angefochten werden.

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.