Antifa-Fahnen vor dem Reichstag

Christian Klemm fordert eine andere Bannmeile vor dem Parlament

Immer mehr Menschen wenden sich von der Politik ab, haben resigniert, sind frustriert. »Die da oben machen doch eh, was sie wollen«, ist ein gängiger Satz, mit dem diese Abkehr oft begründet wird. Ausgerechnet in dieser Situation wird über die Erweiterung der Bannmeile am Reichstagsgebäude debattiert. Momentan wird sie nur an Sitzungswochen eingerichtet. Eine Ausweitung würde die Politikverdrossenheit in diesem Land verstärken, denn sie würde den Eindruck der Abgehobenheit der Politik verstärken. Die Meile wäre darüber hinaus Wasser auf die Mühlen derjenigen Politiker, die vorgeben, im Gegensatz zu den »etablierten Parteien« den »Willen des Volkes« zu vertreten. Eine weitreichende Verbotszone um den Bundestag wäre also ein Konjunkturprogramm für AfD und Konsorten.

Es stimmt: Die Bilder vom Wochenende sind nur schwer auszuhalten. Nicht wenigen ist durch den Anblick kotzübel geworden. Neonazis mit schwarz-weiß-roten Fahnen auf der Treppe des Reichstages sind aber ein Ausdruck des Rechtsrucks, der seit geraumer Zeit in Deutschland zu beobachten ist. Die Abschottung durch eine von der Staatsmacht durchgesetzte, erweiterte Bannmeile würde jedoch keinen einzigen Naziaufmarsch verhindern. Und ob Reichsflaggen nun vor dem Reichstag oder ein paar Meter weiter am Brandenburger Tor wehen, ist egal. Nicht egal dagegen ist, dass die extreme Rechte aufmarschiert. Das muss verhindert werden – und dazu ist eine dauerhafte Bannmeile um den Bundestag denkbar ungeeignet.

Wenn also die Rede davon ist, eine Verbotszone während einer rechten oder von rechts unterwanderten Demonstration einzurichten, dann muss die Bannmeile aus Antifaschisten bestehen. Denn Antifa-Fahnen sehen vor dem Parlament tausend Mal besser aus als diese schwarz-weiß-roten Lappen.

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.